Roth erschuf ein Werk von sogartiger Wirkung und transformierender Kraft, das einen in der Tiefe anrührt und erschauern lässt. Schnell wird den Zuhörenden bewusst, dass der Komponist hier einen grossen Wurf gelandet hat, als seien alle Fäden seines bisherigen Schaffens zur Krönung eines langen Künstlerlebens zusammengelaufen.
Peter Roth sagt selbst: «Es ist mein wichtigstes Werk seit der Toggenburger Passion.» Diese schrieb der Komponist 1984, und auch sie greift gesellschaftliche und politische Themen auf: Roth hatte den Militärdienst verweigert und sass dafür drei Monate im Gefängnis.
Die Passion thematisiert die Gewaltfreiheit, und ein Hohepriester, der sich transformiert, verkörpert den dringed nötigen Wandel. «Die Missa Gaia ist wieder eine Komposition, die sich mit aktuellen Zeitfragen auseinandersetzt.»
Roth sagt, den Menschen sei der Bezug zur Schöpfung abhandengekommen. «Unser Verhalten der Natur gegenüber ist ein In-den-Griff-bekommen-Wollen, Kontrollieren, Planen, Ausbeuten an den natürlichen Kreisläufen vorbei.» Die Folgen davon seien unverkennbar: «Ich erlebe jetzt seit 60 Jahren Winter im Toggenburg, und sie haben sich in den vergangenen 15 Jahren dramatisch verändert.»
Ein mahnender Refrain zieht sich deshalb durch das gesamte Werk: «Genug ist genug!». Trotzdem kommt Roths Messe streckenweise lüpfig und fröhlich daher, wie wenn die Streichmusik nach dem Alpgottesdienst zum Tanz aufspielt. Denn der Komponist glaubt an die Herzensfreude als eine wesentliche Triebfeder menschlichen Handelns. Roth hat sein herausragendes Werk um ein hoffnungsvolles Credo gedrechselt: «Tief in uns und radikal wohnt immer nur das Gute!»