Mit einer Volksinitiative zur grünen Reformation

Klima

Eine Volksinitiative will, dass die Zürcher Landeskirche rasch vorwärtsmacht mit der CO2-Reduktion. Schon 2035 sollen ihre Gebäude im ganzen Kanton das Netto-Null-Ziel erreichen.

«Die Zeit drängt und getan wird viel zu wenig», sagt Tobias Adam. Darum hat er die Schöpfungsinitiative lanciert, mit fünf Mitstreitenden unter anderem vom Stadtkloster und der Citykirche Offener St. Jakob. Die Zürcher Landeskirche soll vorwärtsmachen mit der Umsetzung der Pariser Klimaziele.

Dass die Klimabewegung inzwischen auch zu radikalen Aktionsformen greift, erstaunt den Theologiestudenten, der beim Netzwerk Christian Climate Action engagiert ist, nicht. Die Klimakrise werde ja auch immer radikaler. Er ist aber überzeugt: «Gegen Verzweiflung und Wut hilft konkretes Handeln, es geht um jedes Zehntelgrad.»

Die Schöpfungsinitiative fordert, dass die Landeskirche und sämtliche dazugehörigen Kirchgemeinden die CO2-Emissionen ihrer Gebäude bis 2035 auf Netto-Null reduzieren, also 15 Jahre bevor das für die ganze Schweiz gilt. Für die weiteren Tätigkeitsbereiche der Kirche soll die Synode Regeln aufstellen, die ebenfalls das Netto-Null-Ziel vorsehen. Eine kleine Hintertür bleibt jedoch offen: Kompensationen sind möglich, allerdings nur im Inland.

Zwei Versuche gescheitert

Das demokratische Mittel der Volksinitiative wird nun wohl in der Zürcher Landeskirche zum ersten Mal zum Zug kommen. Bisher wurden nur zwei Initiativen lanciert, 2018 und 1991 – beide scheiterten an fehlenden Unterschriften. Beim Klimathema dürfte es ein Leichtes sein, innerhalb von sechs Monaten die nötigen 1000 Unterschriften von stimmberechtigten Mitgliedern zu sammeln. 

Vors Volk kommt das Anliegen nur,  wenn  der Kirchenrat und das Parlament dagegen sind oder ein allfälliger Gegenvorschlag von den Initianten nicht akzeptiert wird. Der 25-jährige Tobias Adam hat sich mit seiner 67-jährigen Synodenkollegin Gina Schibler bewusst für den Weg der Initiative entschieden. Die beiden hätten auch einen Vorstoss im Kirchenparlament lancieren können, die dafür nötige Drittelmehrheit wäre ihnen wohl sicher gewesen. Doch sie wählten die Initiative, «um eine breite demokratische Debatte in Gang zu bringen».

Schibler geht davon aus, dass die Forderungen der Initiative in einer Volksabstimmung durchkommen werden: «Das wird eine grüne Reformation.» Die pensionierte Pfarrerin engagiert sich seit 40 Jahren für ökologische Anliegen und musste dafür auch berufliche Rückschläge in Kauf nehmen: «Ökologie war als links verschrien.» Schibler ist überzeugt, dass der Reputationsschaden «riesig wird», wenn die Kirchen nicht rasch handeln. «Es kann nicht sein, dass Firmen wie Migros und Coop vor uns das Netto-Null-Ziel erreichen.»

Willkommene Initiative

Esther Straub, im Zürcher Kirchenrat unter anderem für Ökologie zuständig, freut sich, dass das Mittel der Volksinitiative genutzt wird. Für sie ist klar, dass die Kirchen noch vor Bund und Kanton klimaneutral sein sollten. Und Straub fügt an: «In der Zürcher Landeskirche sind wir gut unterwegs mit einem Förderprogramm für die Gemeinden.»

Aufgrund einer Motion wurde 2021 beschlossen, dass alle Kirchgemeinden ihren CO2-Ausstoss erfassen müssen und das kirchliche Umweltzertifikat, den Grünen Güggel, anstreben sollen. «Sobald wir die Emissionsdaten zur Verfügung haben, können wir auch Netto-Null-Pläne beschliessen», sagt Straub. Die Frage nach dem Geld Herausfordernd findet es die Kirchenrätin, gerechte finanzielle Lösungen zu finden: «Es kann nicht sein, dass jene Kirchgemeinden, die schon von sich aus viel in ökologische Massnahmen investiert haben, die Versäumnisse anderer Gemeinden mitfinanzieren müssen.»

Die Frage nach dem Geld

Herausfordernd findet es die Kirchenrätin, gerechte finanzielle Lösungen zu finden: «Es kann nicht sein, dass jene Kirchgemeinden, die schon von sich aus viel in ökologische Massnahmen investiert haben, die Versäumnisse anderer Gemeinden mitfinanzieren müssen.» Die Schöpfungsinitiative kümmert sich nicht nur um den CO2-Ausstoss. Sie verlangt darüber hinaus, dass die Kirche die Menschen auf dem Weg des Verzichts spirituell unterstützt. Schibler sagt, der Wandel sei möglich: «Der Glaube an Jesus befähigt uns, zerstörerischen Materialismus hinter uns zu lassen und zu einer zukunftsfähigen Lebensweise zu finden.»