Die Massentierhaltungsinitiative weckt überdurchschnittlich starke Emotionen. Warum?
Markus Ritter: Tiere interessieren die Menschen. Wir haben 1,3 Millionen Katzen in der Schweiz, 600 000 Hunde und viele Nutztiere. Alle sind wir im Alltag mit Tieren in Kontakt. Zudem geht es bei der Initiative ums Essen, um Natur, um Biodiversität. Diese Themen betreffen uns alle.
Iris Menn: Bei der Massentierhaltungsinitiative geht es einerseits um die Würde des Tieres und um den Respekt, den wir Nutztieren entgegenbringen. Andererseits reagieren wir mit der Vorlage auch auf die Klimakrise und den Rückgang an Biodiversität. Das heisst, wir reden hier über unsere Lebensgrundlage und darüber, wie wir jetzt und in Zukunft Tiere halten und Tierprodukte erzeugen wollen. Das soll auch emotional sein.
Haustiere werden gehätschelt. Bei Nutztieren scheint es vielen egal zu sein, ob sie genug Platz, Beschäftigung und Bewegung hatten, bevor sie getötet werden. Weshalb gibt es diese Zwei-Klassen-Tierliebe
Ritter: Sich um ein einzelnes Haustier zu kümmern, ist einfacher, als 100 Schweine zu halten. Da kann man nicht jedes Tier individuell betreuen. Bei der Nutztierhaltung müssen die Bedingungen so sein, dass die Tiere gesund sind und gedeihen. Das wird auch regelmässig kontrolliert. Bei den Haustierhalterinnen und -haltern gibt es sehr wenige Kontrollen. Missstände können unentdeckt bleiben.
Menn: Haustiere sind oft ein Teil der Familie. Wir kümmern uns direkt um sie. Anders sieht es bei der Tierproduktion aus: Davon sehen wir nur, was wir sehen wollen oder sollen. Die Werbung zeigt, wie Hühner draussen im Stroh scharren oder Schweine auf einer Wiese herumtollen. Das suggeriert ein Bild der Schweizer Landwirtschaft, das oft nicht der Realität entspricht. Wir werden gezielt manipuliert.
Ritter: Da muss ich widersprechen. Hierzulande gibt es viele Betriebe, in denen die Tiere tatsächlich Familienanschluss haben. So etwa auch auf unserem Hof