Zwei Filme über starke Frauen im Iran

Kultur

Eindrücklich zeigen «Until Tomorrow» und «Holy Spider» die Situation iranischer Frauen. Gedreht wurden die Filme noch vor den Protesten.

Wohin mit dem Kind? Das ist die zentrale Frage des Films von Regisseur Ali Asgari. Die Anlage ist simpel: Die Studentin Fereschteh hat vor zwei Monaten eine Tochter geboren. Statt zu studieren, jobbt sie, und ihre Eltern auf dem Land dürfen davon nichts wissen. Doch nun kommen sie kurzfristig in die Hauptstadt zu Besuch. Alle Strategien, sie abzuwimmeln, sind gescheitert. Also muss das Baby für eine Nacht versteckt werden. Wäre «Until Tomorrow» in Europa gedreht, hätte es sich wohl um eine Komödie gehandelt. Doch der Film spielt im Iran.

Der Versuch von Fereschteh und ihrer besten Freundin, das Betreuungsproblem in wenigen Stunden zu lösen, wird zur Odyssee durch Teheran. Die jungen Frauen klappern Bekannte und Freunde ab, bitten gar den Kindsvater, der auf Abtreibung gedrängt hatte, um Hilfe und geraten in immer brenzligere Situationen. 

Unspektakulär und dadurch besonders anschaulich zeigt der Film die Schwierigkeiten von Frauen in der patriarchalen Gesellschaft: das Angewiesensein auf die Hilfe von Männern, die Gefahr, ausgenutzt, missbraucht zu werden. Und die engen Grenzen, die es verunmöglichen, sich frei zu bewegen. Die Grenzüberschreitungen der Hauptfiguren erfordern Mut und Hartnäckigkeit. Eigenschaften, die vor allem die junge Generation bei den jüngsten Protesten gegen das Regime eindrücklich bewies.

Morde in der heiligen Stadt

«Until Tomorrow» hatte seine Premiere Monate vor den Protesten, die dem Film zusätzliche Brisanz verleihen. Genauso «Holy Spider» von Ali Abbasi. Der Thriller brachte der Iranerin Sahra Amir Ebrahimi in Cannes den Preis als beste Schauspielerin ein. Sie spielt die Journalistin Rahimi, die 2001 für Recherchen nach Maschhad reist. Ausgerechnet in der heiligsten Stadt geht ein Serienmörder um. 16 Prostituierte sind getötet worden, nicht von einem Triebtäter, sondern von einem Mann in selbst erteilter göttlicher Mission: Er will die Stadt von der Sittenlosigkeit säubern.

Der auf wahren Ereignissen basierende Film zeigt schonungslos die Taten. «Holy Spider» erzählt dabei aus zwei Perspektiven, der des biederen Familienvaters, der zum Serienmörder wird, und der der mutigen Journalistin. Dabei wirft er einen kritischen Blick auf die frauenfeindliche Gesellschaft. 

Vor und während der Dreharbeiten habe sie immer wieder versucht zu verstehen, warum die Protagonistin für die Recherche ihr Leben riskiere, sagte Sahra Amir Ebrahimi jüngst in einem Interview.

Mittlerweile sehe sie ihre Rolle in einem anderen Licht. «Durch die Frauen, die im Iran für ihre Rechte auf die Strasse gehen und Seite an Seite mit Männern ihr Leben riskieren, wurde die Protagonistin gesellschaftliche Realität.» 

Kinostarts

«Holy Spider» von Ali Abbasi läuft seit dem 12. Januar im Kino. «Until Tomorrow» von Alireza Kathami startete am 26. Januar.