Gibt es für Sie so etwas wie eine Christenpflicht zur Bewahrung der
Schöpfung, und was wäre das Gebot der Stunde?
Die Schöpfung zu bewahren, steht nicht in unserer Macht. Ich würde es
bescheidener formulieren: Wir handeln verantwortungslos und letztlich selbstzerstörerisch,
wenn wir den Planeten plündern, als gebe es irgendwo einen zweiten. Das Verbot
der Stunde ist das alte «Du sollst nicht töten». Wir müssen das absolute
Zerstörungsverbot ökologisch erweitern. Aber das reicht nicht!
Was braucht es noch?
Das Gebot der Stunde ist das alte Liebesgebot. Was wir nicht lieben, können
wir nicht schützen. Wenn ich etwas lernen und lehren möchte, dann ist es die
Liebe zu allen Geschöpfen, die im Sonnengesang von Franziskus erklingt.
Im Zusammenhang mit der Hoffnung haben Sie verschiedentlich den Begriff
«die neue Erde» gebraucht. Was ist das? Wo wird sie sichtbar, wie können wir sie
erschaffen?
Die neue Erde ist eine verborgene Wirklichkeit, der Traum Gottes, sein
"Gesicht" der versöhnten Schöpfung. Es ist letztlich nur poetisch
auszudrücken – mit der Sprache tastend nach dem, was noch nicht ist, vorgreifend auf das,
wonach wir uns sehnen, eine Welt ohne Leid und Schmerz. «Neu» ist
radikal zu verstehen. Wir haben nur eine leise Ahnung davon,
was auf uns zukommt, aber gehen darauf zu - und das ist konkret.
Das klingt etwas abstrakt. Wie ist das gemeint?
Die Theologie
nennt es die letzten Dinge, die ins Vorletzte hineinragen, das Reich Gottes,
das schon da ist, aber um dessen Kommen wir bitten. Was auf uns
zukommt, ist unfassbar gut und schön. Unsere Fantasie reicht nicht aus, die
kommende Welt zu sehen. Es fällt uns sogar leichter darüber zu spekulieren, was
kommen könnte, wenn wir sterben und unsere Körpergeschichte zu Ende geht. So
viel wage ich zu sagen: «Neue Erde» ist die kosmische
Ausdehnung von dem, was das christliche Bekenntnis mit der Hoffnung auf die
Auferstehung des Leibes für jeden Menschen aussagen möchte.