Sie haben in Ihrem Büro diese berühmte rote Mondrakete aus dem Comic von Tim und Struppi «Reiseziel Mond» stehen ...
Ja, sie soll daran erinnern, dass unsere Mission sein muss, auf der Erde zu bleiben – und sie zu retten, statt unser Glück irgendwo im All zu suchen.
Sie wohnen in Brüssel und ein viel grösseres Exemplar der Mond-Rakete des Zeichners Hergé steht ja auf dem Brüsseler Flughafen. 2008 als der Club of Rome seinen Sitz von Hamburg nach Winterthur verlegte, war eine der Begründungen die Nähe zum Flughafen. Sollten wir dem Planeten zuliebe nicht alle weniger fliegen?
Wir überdenken unser Reiseverhalten gerade total. Unsere Mitarbeitenden sind global verteilt, hauptsächlich in Europa und Südafrika. Bei den Klimaverhandlungen konnte man in der Vergangenheit ja nur auf Politiker und Wirtschaftsführer Einfluss nehmen, wenn man vor Ort war. Die nächste UN-Klimakonferenz 2027 wird in Ägypten sein, wie soll ich da hinkommen ohne Flugzeug? Dank Covid und verändertem Kommunikationsverhalten können aber internationale Diskussionen endlich auch online geführt werden.
Genau vor 50 Jahren hat der Club of Rome seinen Bericht «die Grenzen des Wachstums» veröffentlicht. Grund zum Feiern?
Das Jubiläum hat natürlich einen bitteren Beigeschmack. Auf der einen Seite war der Report für seine Zeit unglaublich visionär – wurde jedoch von vielen als Verrücktheit und Weltuntergangsszenario kritisiert. Auf der anderen Seite haben wir im letzten Jahr alle damaligen Szenarien noch einmal durchrechnen lassen und das Resultat war: Die getroffenen warnenden Vorhersagen trafen zu und sind heute noch aktuell.
Wie beurteilen Sie die Bedeutung des Berichts nach einem halben Jahrhundert?
Er ist heute noch relevanter als damals schon. Denn er zeigte ganz klar auf, dass wir, auch wachsende Krisen haben werden, wenn wir dem Wachstum keine Grenzen setzen. Nicht nur eine einzelne schwere Krise, sondern eine ganze Serie davon. Und die Autoren haben vorausgesagt, dass sie in 2020 beginnen werden. Und schauen Sie, wo wir jetzt stehen.
Die verantwortlichen Wissenschaftler berechneten u.a., dass die oberste Belastungsgrenze des Planeten bei 8 Milliarden Menschen liege – und dass es von da an nur bergab gehen könne ...
... exakt, und da sind wir jetzt. Wir können die Wichtigkeit dieses Berichts nicht hoch genug einschätzen.
Weshalb?
Wir wussten schon vor 50 Jahren, was geschehen wird, mögliche Lösungen sind seit einem halben Jahrhundert bekannt. Der Club of Rome hat seither zahlreiche Publikationen herausgegeben, viele brillante Persönlichkeiten haben sich für Lösungen engagiert. Aber niemand hat zugehört und so gehandelt, wie es nötig gewesen wäre. Also müssen wir zum 50. Jubiläum die Menschen aufwecken und klar machen: Wir haben nicht noch einmal 50 Jahre zu vergeuden.