«Willst du nach Hause, oder gehen wir noch zu mir ein Raclette essen?» Diese Frage stellte Heidi Gebauer Kurt Schneider am 9. September 2015 nach einer gemeinsamen Wanderung in Adelboden auf dem Nachhauseweg. Der heute 81-jährige ehemalige Gemeindeschreiber und die 71-Jährige kannten sich schon seit vielen Jahren aus der Gemeindepolitik. Dann, an diesem 9. September, umarmten sie sich zum ersten Mal. Das war der Beginn einer neuen Partnerschaft vor drei Jahren.
Die Mutter von drei Kindern und Grossmutter von sieben Enkeln war seit fünf Jahren verwitwet. Schneider verlor seine Ehefrau 2011. «Ich lebte alleine, kam gut mit mir selber zurecht», blickt er zurück. Für den siebenfachen Grossvater war eine neue Partnerin damals kein Thema.
Es begann im Wonnemonat
Nach dem Tod der Ehepartner trafen sich Heidi Gebauer und Kurt Schneider ab und zu gemeinsam mit anderen Freunden. «Wir realisierten bereits damals, dass wir uns blind verstanden. Aber mehr war da nicht», sagt Gebauer. Dann, am 1. Mai 2015, begegnete Gebauer einer Freundin beim Einkaufen. Diese erinnerte sie an den Geburtstag von Schneider. Sie werde ihm eine SMS schreiben, antwortete Gebauer. Ruf ihn doch an, meinte die Freundin. Gebauer telefonierte, gratulierte und fragte, ob er mit der Familie feiere. Dem war nicht so. Die beiden gingen gemeinsam essen. «Der Abend war ungezwungen, locker», erinnert sich Schneider. Die beiden erkannten, dass sie viel verbinde: die Leidenschaft für die Musik, Literatur, Wandern.
«Ich hätte nie gedacht, dass ich noch einmal Gefühle mit einer solchen Intensität erleben würde», sagt Schneider. Wenn er alleine spaziere und an Heidi denke, dann beginne er zu pfeifen, und es gehe sich ringer. Gebauer ihrerseits betont, dass sie beide eine über 40-jährige Ehe geführt hätten. Eine Beziehung mit all ihren Tiefen und Höhen, die sie erfüllt hätten. So seien beide nicht frustriert in ihre neue Beziehung eingetreten. Die jetztige Beziehung sei anders, weil der Trubel des Familienlebens hinter ihnen liege und man jetzt in der Pension Zeit für einander habe. «In mir sind wieder Gefühle wach geworden, die geschlummert haben. Dies mit Kurt zu erleben, ist einfach wunderbar», sagt Heidi Gebauer.
Die Kinder freuen sich mit
«Für unsere Kinder ist es auch eine Entlastung. Sie wissen, dass wir wieder jemanden an unserer Seite haben», sagt sie weiter. Ihre wie auch Kurts Kinder hätten positiv auf die neue Liebesbeziehung ihrer Eltern reagiert. «Mein Sohn war froh, dass ich nicht mit einer 25-Jährigen ankam», lacht Schneider. Der zweifache Vater geniesst die neue Zweisamkeit. Egal ob bei Theaterbesuchen, bei Wanderungen oder zu Hause. Die körperliche Nähe sei harmonisch und ungezwungen und bedeute ihm viel.
Gebauer und Schneider sind seit knapp drei Jahren ein Paar. Sie leben nicht zusammen. Jeder hat seine Wohnung. Sie verbringen aber vier bis fünf Tage die Woche gemeinsam in der Wohnung des anderen. Einen fixen Plan gebe es keinen. «Das gibt Freiheit», sagen beide einstimmig. Ob sie eines Tages zusammenziehen, lassen sie auf sich zukommen. «Darüber sprechen wir immer wieder, aber im Augenblick stimmt die Situation», sagt Gebauer, die Schneider ihren «Seelenverwandten» nennt.