Schwerpunkt 29. Juni 2018, von Nicola Mohler

In der Geometrie zeigt sie ihre Tücken

Sieben

Ein regelmässiges Sie­beneck lässt sich mit Lineal und Zirkel nicht kon­struieren. Der Ma­the­matikprofessor Philipp Habegger er­klärt, wie­so dies so ist.

Die Sieben ist eine Primzahl. Eine natürliche Zahl grösser als eins, die nur durch eins und durch sich selber teilbar ist. Für Philipp Habegger hat die Sieben keine besondere Bedeutung. «Jede Zahl ist interessant und hat ihre Eigenschaften», sagt der Professor für Zahlentheorie an der Universität Basel. In der modernen Forschung spielen einzelne natürliche Zahlen ­ei­­ne untergeordnete Rolle. So kennt Habegger niemanden, der über die Zahl 7 oder eine andere natürliche Zahl forscht. Dennoch tauchten, sagt er, viele kleine ganze Zahlen oft an prominenter Stelle auf – so auch die Sieben.

Die Sieben trickst alle aus

Als Beispiel nennt der Mathematikprofessor das regelmässige Siebeneck. In der Schule lernen Kinder im Mathematikunterricht, geometrische Figuren mit Zirkel und Lineal zu zeichnen: Zirkel auf dem Punkt ganz links auf einem Kreis einstecken und einen weiteren Kreis ziehen; die Schnittstellen beider Kreise mit dem Lineal verbinden – und ein gleichseitiges Dreieck entsteht.

Mit der gleichen Technik lassen sich weitere Formen konstruieren, ein regelmässiges Vier-, Fünf- oder Sechseck beispielsweise. Ein sehr gewieftes Kind bringe sogar ein regelmässiges 17-Eck zu Papier, sagt Habegger. «Aber egal wie clever, niemand schafft es, mit Zirkel und Lineal ein regelmässiges Siebeneck zu konstruieren.»
Die Begründung, wieso das nicht möglich ist, sei Stoff des Bachelorstudiums Mathematik. Dahinter ste­cken eine mathematische Gleichung und eine bestimmte Art von Primzahlen (sogenannte Fermat-Primzahlen), zu denen die Sieben nicht gehört. Habegger erklärt, dass eine ähnliche mathematische Begründung für die Unlösbarkeit der berühmten Quadratur des Kreises gel­te – die geometrische Aufgabe also, aus einem Kreis ein Quadrat mit demselben Flächeninhalt von Hand zu konstruieren. «Immer mal wieder bekomme ich Mails von Hobbymathematikern, die behaupten, sie hätten das Problem der Quadratur des Kreises fast gelöst», berichtet Habegger. «Aber es ist unmöglich, das ist mathematisch bewiesen.»

Der Reiz der kleinen Zahlen

Im Zusammenhang mit der Quadratur des Kreises steht die Kreiszahl Pi. Die ungefähre Zahl 3,1415 mit unendlich vielen Dezimalstellen ist die Fläche der Kreisscheibe, deren Radius eins ist. Pi ist aus professioneller Sicht Habeggers Lieblingszahl. Pi sei in Physik und Mathematik überall präsent. «Pi birgt aber nach wie vor viele Geheimnisse, die die Grundlagenforschung bis heute noch nicht aufgedeckt hat.»

Auch wenn es mathematisch nicht belegbar ist: Der Mathematiker Habegger beobachtet, dass für viele Menschen insbesondere kleine Zahlen etwas geradezu Magisches hätten.  Er selbst hat ebenfalls eine Affinität zu einer kleinen Zahl. Seine persönliche Lieblingszahl ist die Fünf. «Bereits als Kind gefiel mir die Form der Ziffer 5. Das ist bis heute geblieben.»

Übrigens: Die Konstruktion ei­nes gleichmässigen Siebenecks mit Zirkel und Lineal hat bereits einige kluge Geister beschäftigt. Eine Lösung gefunden hat zum Beispiel der deutsche Renaissancekünstler und Universalgelehrte Albercht Dürer. Seine Anleitung ergibt zwar nur eine annähernde Gleichmässgkeit, aber von blossem Auge ist der Fehler kaum zu erkennen. Vor ihm hatten bereits die Araber Kenntnis von dieser Methode.