Schwerpunkt 23. Juni 2021, von Hans Herrmann

«Ein Hund ist nicht einfach ein Hund»

Auf den Hund gekommen

Der Rüde Ulysse von Franziska Lüthi ist ein Barbet. Als Zuchthund ist er wertvoll – und ebenso als Hausgenosse mit viel Gemüt.

Die beiden Hunde empfangen den Besucher bereits an der Wohnungstür: freundlich, neugierig, lebhaft, mit dem einen und anderen «Kuss» auf den Handrücken, jedoch ohne zu bellen. Das elfjährige Weibchen ist dunkelgrau und weiss gefleckt, der dreijährige Rüde gleichmässig schwarz. Das dicht gekrauste Fell erinnert an Schafwolle.

Die beiden Barbets – Französische Wasserhunde – gehören der Stadt­bernerin Franziska Lüthi. Der Rüde heisst Ulysse, stammt aus der Zuchtstätte «vom Zulimo» in Bietz­wil und weist mustergültige Merkmale seiner Rasse auf. Nach den bestandenen Prüfungen wurde er als Zucht­rüde zugelassen. Ein besonderer, kostbarer Hund also. Trotzdem kein überbehütetes Tier, sondern unkomplizierter Hausgenosse, Begleiter auf Spaziergängen, Tröster bei schlechter Laune und Aufsteller in jeder Lebenslage.

Ein Stück Lebensgefühl

«Weil er etwas Besonderes ist, habe ich beim Aufziehen schon darauf geachtet, dass ich mit ihm nicht zu lange unterwegs war und er auch nicht allzu gewagte Sprünge machte, um die jungen Knochen nicht zu schädigen», sagt Franziska Lüthi (55). Sie präsentiere den Hund auch an Ausstellungen. «Aber entspannt und ohne überrissenen Ehrgeiz.»

Die Tiere reagieren, man kann eine Beziehung zu ihnen aufbauen, und jeder Hund hat, nebst den ererbten Eigenschaften, auch seine ganz besondere Art, das finde ich faszinierend und bereichernd.
Franziska Lüthi, Rassehundhalterin

Von Beruf ist Franziska Lüthi frei­schaffende Einrichtungsberaterin und Gestalterin. Dass zwei Französische Wasserhunde zum Haushalt gehören, ist für sie und ihren Mann ein Stück Lebensgefühl und Lebensqualität. «Die Tiere reagieren, man kann eine Beziehung zu ihnen aufbauen, und jeder Hund hat, nebst den ererbten Eigenschaften, auch seine ganz besondere Art, das finde ich faszinierend und bereichernd», sagt sie. Als sie auf die 30 zugegangen sei, habe sie immer deutlicher den Wunsch nach einem Hund verspürt, sich aber in den Kopf gesetzt, dass es einer sein sollte, der dringend ein Zuhause sucht.

Ein spontaner Entscheid

Die Gelegenheit ergab sich 1993, als sie zusammen mit einer Freundin in Frankreich an einer Yogawoche teilnahm. Der Verwalter des Zentrums züchtete auf dem Hof Barbets und suchte für die drei und vier Monate alten Welpen verantwortungsbewusste Halter. Das war die Gelegenheit: Spontan nahm Franziska Lüthi eines der Tiere auf. Diese Rasse, die ursprünglich aus Nordafrika stammt, kannte man damals in der Schweiz kaum. Was sich bald ändern sollte: 1997 gründeten einige Liebhaber der Rasse den Barbet Club Schweiz.

Für die erfahrene Hundehalterin ist klar: «Ein Hund, egal ob Rassehund oder Mischling, ist nicht einfach ein Hund.» Sondern ein Fami­lienmitglied, das Zuwendung und He­rausforderung brauche, am besten auch eine sportliche Betätigung, die sowohl zum Hund wie zur Halterin passe: Agility zum Beispiel, Mantrailing oder die Ausbildung zum Therapiehund. Damit das Hun­deleben mehr sei als bloss Futter im Napf und tägliches Gassigehen im Quartier.