Schwerpunkt 22. Februar 2018, von Hans Herrmann

Kulinarischer Streifzug durch das Land der Würste

Die Wurst

Die Regionen der Schweiz unterscheiden sich nicht nur durch Land und Leute, sondern auch durch charakteristische Wurstspezialitäten.

Jetzt geht es um die Wurst. Aber das ist mir wurscht. Ich will nicht der Hanswurst sein. Alles hat ein Ende, nur die Wurst hat zwei. Diese Redensarten zeigen: Im Volksmund ist die Wurst nicht nur kulinarisch, sondern auch sprachlich präsent. Ursprünglich – vermutlich bereits in der Antike – war dieses Nahrungsmittel erfunden worden, um auch die weniger edlen Stücke des geschlachteten Viehs zu verwerten und haltbar zu machen.

Das fleischige Wesen des Föderalismus

Der Wurst haftet noch heute etwas Hendsärmliges an. Sie ist in der Schweiz geradezu zu ­einem Sinnbild der regionalen und kulturellen Vielfalt geworden. Davon berichtet Fritz von Gunten, ­Autor des Buchs «Alles ist Wurst – Auf dem Wurstweg durch die Schweiz». «Während meiner Recherchen wurde mir erst so richtig das Wesen des Schweizer Föderalismus bewusst», sagt er. Kaum eine grössere Stadt oder Region, die nicht ihre eigene Wurstspe­zialität hat: St. Gallen den Schüblig, das Wallis die Trockenwurst, Chur die Beinwurst, Appenzell die Siedwurst, Basel den Chlöpfer, das Tessin die Luganighe. Und andere mehr.

Die Wurstkultur ist laut von Gunten im Volk nicht zuletzt deshalb so tief verwurzelt, weil sie oft im Zusammenhang mit einem traditionellen Fest steht: der Escalade, der Olma, der Fasnacht. Und: «So ­eine Wurst spricht alle Sinne an und ist praktisch; sie riecht auf dem Grill schon von Weitem gut, lässt sich von Hand essen und unkompliziert mit anderen teilen.»

Das verwurstete Schwein des Bischofs

Zudem haben Würste ihre Geschichte und Geschichten. So soll die Beinwurst auf den heiligen ­Crispin zurückgehen, der als armer Wanderer vom Churer Bischof abgewiesen wurde. Dafür gewährte ihm ein Tag­löhner Unterkunft. ­Crispin bedankte sich bei ihm, indem er beim Bischof ein geschlachtetes Schwein entwendete und dieses mit Pfeffer, Muskat, Knoblauch und Wein grob verwurstete.

Übrigens: Die gute Metzgerei erkennt man nicht am Filet, sondern an der Wurst. «Sie ist das Aushängeschild eines Betriebs», sagt Stefan Holzer, Inhaber der gleichnamigen Metzgerei in Hindelbank und bernischer Lehrlingsobmann. «Die Familienrezepte werden gehütet wie ein Schatz.» Zu schmackhafter Wurst gehöre Material von guter Qualität, Fachwissen – und zuweilen auch ein Blick auf das Wetter, nämlich bei der traditionellen Herstellung von Trockenwurst. Hier entscheidet die Witterung mit, ob das Produkt gelingt.