«Irgendjemand muss die Scherben wieder zusammenkehren», warnte der St. Galler Kirchenratspräsident Martin Schmidt und meinte den Wahlkampf um das Ratspräsidium. Er sah sich wohl bestätigt, als sein Zürcher Amtskollege Michel Müller sprach. Neben deutlichen Worten, die in eine Parlamentsdebatte gehören, garnierte Müller sein Urteil über Gottfried Lochers Amtszeit mit Spitzen, die unnötig tiefe Spuren hinterlassen.
Leben mit der Opposition
Auch Locher und seine Unterstützer hinterlassen Scherben. Schmidt tat Famos als Kandidatin ab, die einem unfair agierenden Netzwerk ein Gesicht gebe. Inhaltlich setzte er sich mit ihr nicht auseinander. Eigentlich kann der Kirche Schlimmeres passieren, als dass sich ein Präsident, der viel erreicht hat, und eine fähige Herausforderin zur Wahl stellen. Natürlich hätte die Gegenkandidatur früher lanciert werden können. Dass Locher tickt, wie er tickt, war lange vor der tendenziösen «Rundschau» vom Mai klar.
Doch bei den Reformierten werden Führungsämter halt nicht in Hinterzimmern von Domkapiteln verteilt. Geistliche Leitung ist demokratisch legitimiert. Das ist anspruchsvoll, mit Wahlkämpfen tut sich die Kirche schwer. Es hilft jedoch, weil die Opposition nicht sagen kann, übergangen worden zu sein. Sie darf den im Amt bestätigten Präsidenten weiterhin kritisieren, hat ihn aber zu respektieren.
Hart, aber fair
Scherben bleiben auf beiden Seiten zurück. Sie mahnen daran, dass Debatten hart geführt werden dürfen, aber fair bleiben müssen. Einfach zusammenkehren lassen sich die Scherben nicht. Vielleicht lassen sie sich zusammenfügen zur neuen, vielstimmigen Evangelischen Kirche Schweiz. Dann bringen sogar diese Scherben Glück.