Recherche 18. Dezember 2018, von Katharina Kilchenmann

Neustart der reformierten Kirche

Kirchenpolitik

Die Schweizer Reformierten hoffen auf einen Neustart: Sie geben sich eine neue Verfassung und einen neuen Namen: Evangelisch-reformierte Kirche Schweiz EKS.

«Es war höchste Zeit, dass die reformierten Schweizer Kirchen ein neues Betriebssystem bekommen», sagt Simon Hofstetter, Beauftragter für Recht und Gesellschaft des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbunds (SEK). Er meint damit die neue Verfassung, die «das Zusammenwirken der nationalen Ebene mit den 26 Kantonalkirchen neu denkt und gestaltet».

Nun haben die Abgeordneten des SEK am 18. Dezember 2018 im Rahmen einer ausserordentlichen Versammlung in Bern diese neue Verfassung angenommen. «Die bisher gültige Version stammt aus dem Jahr 1950», erklärt Hofstetter. «Aus einer Zeit also, in der der Geist des Wiederaufbaus und des Wachstums herrschte; und noch fast 60 Prozent der Schweizer Wohnbevölkerung einer Landeskirche angehörte. Heute haben wir eine komplett andere Situation.»

Vielfalt unter einem Dach

Mit dem Neustart reagieren die Reformierten auf die dramatischen gesellschaftlichen Umwälzungen: leere Kirchen, Mitgliederschwund, Zunahme der Konfessionslosen, Wegfall der Bibelkenntnisse, Rückgang der Religiosität. «Heute ist es wichtig, dass die Kirche ein klares Profil hat», betont Kirchenbundspräsident Gottfried Locher. «Mit der neuen Struktur und der neuen Verfassung kreieren wir ein gemeinsames Dach für die reformierte Vielfalt. Was das genau heisst, wird sich in den kommenden Jahren zeigen.»

Durch die Neuorganisation entsteht eine Kirche, die auf nationaler Ebene handlungsfähig ist und von einer dreiteiligen Leitung geführt wird, nämlich von der Synode, dem Rat und dem Präsidium. Gottfried Locher, der auch weiterhin Prsäsident ist, wird in der Öffentlichkeit für die EKS auftreten. Ausserdem enthält die neue Verfassung einen Artikel, der die Gleichstellung der Geschlechter und eine ausgewogene Vertretung in den Gremien fordert.

Zuversicht ist angesagt

Der Theologe und SEK-Mitarbeiter Simon Hofstetter ist zuversichtlich: Nach und nach würden sich die neuen Formen der Zusammenarbeit zwischen der nationalen Ebene und den Kantonalkirchen auswirken, ist er überzeugt.

Beispielsweise in der Diakonie seien in den letzten Jahrzehnten unzählige Angebote entstanden. Diese hätten sie auf nationaler Ebene, zusammen mit Vertretern der Kantonalkirchen, gebündelt und das neue Angebot stehe nun den Kirchgemeinden zur Verfügung. «So kann etwa die Sozialdiakonin oder der freiwillige Helfer in der Gemeinde konkret erleben, wie sich die neu geschaffenen Strukturen auf ihre Arbeit auswirkt.»

Am 1. Januar 2020 tritt die neue Verfassung der Evangelisch-reformierten Kirche EKS in Kraft und alle hoffen, dass der Neustart gelingt.