Recherche 08. November 2017, von Nicola Mohler

Jetzt ist auch der Kirchenbund eine Kirche

Verfassung

Der Kirchenbund wird zur Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz (EKS). Kirchenbundspräsident Gottfried Locher sagt, was hinter dem Namenswechsel steckt.

Die Abgeordnetenversammlung hat einstimmig den Vorschlag des Rates angenommen, die Verfassung des SEK einer Gesamtrevision zu unterziehen. Überrascht?

Gottfried Locher: Ich hatte mehr Widerstand und längere Diskussionen erwartet. Dass der Antrag ohne Gegenstimme angenommen worden ist, hat mich erstaunt und sehr gefreut.

Die Delegierten stimmten zu, den Kirchenbund SEK in Evangelisch-reformierte Kirche Schweiz (EKS) umzubenennen. Was sind für Sie die anderen grossen Veränderungen?

Die Delegierten stimmten dem neu eingefügten Kapitel «Aufgaben» zu. Dieses besagt, dass der EKS nicht mehr nur ein Dachverband ist, der Lobbyarbeit betreibt. Sondern neu auch einen kirchlichen Auftrag hat, nämlich das Evangelium zu verkünden in Wort und Tat. Der neue Name EKS zeigt diese neue Wirklichkeit.

Die Revision zielt auf eine strategische Stärkung der Kirchengemeinschaft. Was entgegnen Sie Kritikern, die eine zu starke Hierarchisierung fürchten?

Ich habe schon immer gesagt, Kirche findet auf drei Ebenen statt: Gemeinde, Kanton und gesamtschweizerisch. Wer welche Entscheide zu fällen hat, muss geregelt sein. Jede Struktur muss überlegen, wie sie mit Hierarchie umgehen will. Aber die neue Verfassung ist jetzt glasklar: Es gilt das Subsidiaritätsprinzip. Mitgliedkirchen bestimmen, was die EKS tut. 

Neu wird die Kirchenleitung dreigliedrig, zu Rat und Präsident kommt die Synode hinzu. Werden Sie somit offiziell zum «höchsten Schweizer Reformierten»?

Nein, der «höchste Reformierte» ist die neue gesamtschweizerische Synode. Unsere Leitung ist synodal. Die Umsetzung obliegt dann einer Kollegialbehörde, dem Rat, und das öffentliche Gesicht ist die Präsidentin oder der Präsident. Auf jeder Ebene brauchen wir öffentlich wirksame Personen, in der Gemeinde, in der Landeskirche und in der EKS. So gesehen kann man mein Amt als Spezialpfarramt verstehen.

Die erste Lesung der Verfassungsrevision konnte während der Versammlung nicht beendet werden. Die Delegierten debattierten ausführlich über Inhalt und Wortlaut.

Diese Diskussionen sind wichtig und wertvoll. Das braucht jetzt Zeit. Der Rat hat alles, was überlegt werden muss, in den Entwurf gepackt. Wir rechnen damit, dass nicht alles durchkommt. Wichtig ist, über diese Punkte zu sprechen und die von der Abgeordnetenversammlung vorgängig beschlossenen Grundaussagen beizubehalten. Das Klima der Debatte während den zwei Tagen war gut. Das beweist: Trotz unterschiedlichen Kirchentraditionen sind wir gemeinsam Kirche.

Der viel diskutierte Singular

Am 6. und 7. November fand in Bern die Abgeordnetenversammlung des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbundes SEK statt. Das wichtigste Traktandum: Antrag einer Verfassungsreform, der von den 66 Delegierten einstimmig angenommen wurde.

Mit der Revision will der Kirchenbund die Gemeinschaft der Kirchen schweizweit stärken und sich neu auf drei Ebenen organisieren – synodal, kollegial und personal. Die dreigliedrige Kirchenleitung bezieht sich somit auf den Rat, die Präsidentin oder Präsidenten und neu die Synode. Letztere soll das oberste Organ der Kirchengemeinschaft sein, so sieht es der Entwurf vor. 

Nach der Annahme des Antrages begann die Versammlung mit einer ersten Lesung des vom Rates vorgelegten Verfassungsentwurf. Zu Beginn galt es, über einen neuen Namen des Kirchenbundes zu beraten. Der Rat schlägt vor, den SEK umzubenennen in «Evangelisch-reformierte Kirche Schweiz EKS». Die Delegierten diskutierten ausführlich, ob man beim alten Namen bleiben soll, oder ob statt von «Kirche» von «Kirchen» zu sprechen sei. Doch am Ende wurde keiner der Anträge angenommen und dem Antrag des Rates auf einen neuen Namen stattgegeben.

Die Versammlung ging die Paragraphen Abschnitt für Abschnitt durch. Über Inhalt und Wortlaut debattierten die Delegierten ausführlich. Da nicht der gesamte Entwurf in zwei Tagen durchgearbeitet werden konnte, wird diese Lesung in einer ausserordentlichen Versammlung im April 2018 fortgesetzt. In einer zweiten Lesung werden die Delegierten die überarbeitete Version vorgelegt bekommen und können dann noch einmal über die Revision abstimmen. Voraussichtlich entscheiden sie im Herbst darüber, ob sie die Verfassung mit all ihren Änderungen annehmen wollen oder nicht.