Recherche 19. Mai 2020, von Cornelia Krause

Die Pandemie trifft Hotels im Besitz der Kirche hart

Wirtschaft

Die Kirche ist engagiert bei Häusern in Zürich, dem Tessin und Graubünden. Oft sind sie als Begegnungsstätten oder Seminarhotels konzipiert, doch nun geht es ums Abstandhalten.

Im Klostergarten blühen der Meerrettich und der Lavendel, die Sonne scheint an diesem Bilderbuch-Frühlingstag. Doch die Terrassen des Seminarhotels Kloster Kappel sind menschenleer, die Stühle stehen gestapelt an der Wand. An der Tür zur Rezeption hängen die Regeln des Bundes in der Corona-Krise. Einzig die Kirchentür steht weit offen. Die Pandemie hat das Gastgewerbe jäh ausgebremst. Für die Hotellerie könnte der Umsatzeinbruch 2020 bei acht bis zehn Milliarden Franken liegen, schätzt Hotelleriesuisse-Präsident Andreas Züllig gegenüber «reformiert.». Ein Drittel aller Hotels könnte in Konkurs gehen. Die Krise trifft auch die Häuser mit kirchlicher Eigentümerschaft. Das Kloster Kappel etwa gehört zur reformierten Landeskirche.

Ein Drittel ist schon weg

Die Kirchgemeinde Zürich besitzt das Centro Magliaso am Luganersee. Die Pandemie ist für das Zentrum besonders verheerend. Im Tessin gab es zahlreiche Coronafälle, die Hemmschwelle bei Reisenden könnte jetzt grösser sein. Zudem konnte das Haus gar nicht erst in die entscheidende Frühlingssaison starten.

Vor allem aber ist das Centro auf Begegnung angelegt, das Gegenteil von Abstandhalten. In der Anlage kommen Seniorengruppen und Behinderte mit Familien und Jugendlichen zusammen. «Die Krise trifft Magliaso ins Herz», sagt Theo Haupt, Pfarrer und Präsident der Genossenschaft, die das Centro betreibt und Anteile daran hält. Hier werde Gemeinschaft gelebt, doch so wie bisher gehe das nicht mehr. «Risikogruppen können vorerst nicht mehr kommen.» 

Das Management erarbeitet Konzepte, wie trotz der Abstandsregeln Gäste aufgenommen werden können. Haupt hofft, dass mit der Öffnung am 20. Mai dann auch Gäste kommen. Zuletzt schrieb das Centro schwarze Zahlen, doch Haupt schätzt, dass ein Drittel der Saisoneinnahmen für 2020 verloren sind. Die festangestellten Mitarbeiter sind auf Kurzarbeit, die Kirchgemeinde Zürich hat den Mietzins sistiert. Mit guten Monaten in diesem Jahr und der Saison 2021 hofft die Genossenschaft, den Schaden wettzumachen. Ob Fremdkapital aufgenommen werden muss, ist unklar.

Kurzarbeit und Corona-Kredit

Andere Häuser haben den Corona-Kredit des Bundes beantragt. Etwa das Berghotel Randolins bei St. Moritz, hinter dem ebenfalls die Kirchgemeinde Zürich steht. Auch hier herrscht Kurzarbeit, das Hotel schloss Mitte März, es fehlen die Einnahmen über Ostern. «Weil das Saisonende relativ kurz bevorstand, kamen wir aber bisher noch mit einem blauen Auge davon», sagt Direktor Stephan Amsler. Ausgaben runter, möglichst wenig Fremdkapital aufnehmen, lautet die Devise, wie Rolf Habegger erklärt.

Er ist Präsident der Stiftung, die das Hotel betreibt. Helfen würde, wenn kirchliche und private Darlehensgeber auf Verzinsung verzichten. «Wir hoffen auf christliche Nächstenliebe», sagt Habegger. Aber es sei schwierig. «Denn die kirchliche Hotellerie wird auch immer wieder infrage gestellt.» Das Dreisternhaus will vor allem Familien erschwingliche Ferien bieten und konnte ein finanzielles Polster für Sanierungen bilden. «Nun wird das wohl für die laufenden Kosten draufgehen», sagt Habegger. Öffnen will Amsler nun Anfang Juli. Doch vieles ist unklar: etwa inwiefern Saisonarbeiter aus dem Ausland anreisen dürfen oder ob sich der Betrieb auszahlt.

Zimmer als Homeoffice-Ersatz

Für viele Hotels könnte sich die Öffnung nicht rechnen, sagt Verbandspräsident Züllig. Neben ausbleibenden ausländischen Gästen drücken die Abstandsregeln und reduzierte Kapazitäten bei höherem Aufwand auf die Auslastung. Das Seminarhotel Boldern oberhalb des Zürichsees könnte aus der Not eine Tugend machen. Zwar ist das Hotel noch geschlossen. Es bot Firmen aber an, Säle als Konferenzzimmer zu mieten und Hotelzimmer für den Homeoffice-Ersatz. Auch Kinderbetreuung sei denkbar, sagt Madeleine Strub-Jaccoud, Präsidentin des Trägervereins Boldern. Noch sei das Echo bescheiden. Der Trägerverein, zu dessen Mitgliedern Zürcher Kirchgemeinden sowie viele Einzelpersonen gehören, verzichtet vorübergehend auf Mietzins und unterstützt die Hotel Boldern AG. Die Seminarhotellerie dürfte sich später erholen als die Ferienhotellerie, da die Firmen auf Veranstaltungen verzichten.

Das Kloster Kappel habe noch betriebseigene Liquidität bis Ende Juni, sagt Stefan Grotefeld. Er ist bei der Zürcher Landeskirche zuständig für das Seminarhotel. Für ihn ist klar, dass die Kirche im Notfall einspringt, weil sie selbst auf eine gute Geschäftsentwicklung zurückblickt. «Die Kirche lässt Kappel nicht hängen.» Sie habe viel investiert. Das Kloster sei eine Erfolgsgeschichte, sagt Grotefeld.