520 Unterschriften hat das Forum Offener St. Jakob für eine Petition gesammelt, die verlangt, dass der reformierte Stadtverband Zürich sein Immobilienleitbild überarbeitet. Die Zentralkirchenpflege wollte zwischen Betriebs- und Ertragsimmobilien unterscheiden. Häuser, die im kirchlichen Leben keine Rolle spielen, sollen zu marktüblichen Preisen vermietet werden. Die Petition, die am 28. März dem Präsidenten der Zentralkirchenpflege übergeben wurde, verlangt Kostenmieten.
Vor einer Mammutaufgabe
Trotz der Protestnote blieb die Konfrontation in der Sitzung der Zentralkirchenpflege aus. Der Vorstand des Stadtverbands hatte nämlich bereits auf die Kritik reagiert. Er bot an, mit einer vorberatenden Kommission den Transfer der Immobilien vorzubereiten. Im Zentrum steht dabei die Mammutaufgabe, rund 200 Liegenschaften in den Besitz der neu entstehenden Kirchgemeinde zu überführen.
2019 schliessen sich 32 Kirchgemeinden zu einer Stadtkirche zusammen, damit wechseln auch die Immobilien den Besitzer. Offen ist, ob die Liegenschaften von der Kirche oder von einer privaten Immobilienfirma verwaltet werden. Eine Variante ist auch, Finanzliegenschaften, die Erträge einbringen sollen, extern zu verwalten und die für den Betrieb benötigten Immobilien zu behalten.
Das Lob des Kritikers
Einer der Wortführer unter den Kritikern des Immobilienleitbilds, Hannes Lindenmeyer (Aussersihl), zeigte sich «glücklich über die Lösung des Vorstands». Freilich nahm er Vorstandspräsident Andreas Hurter beim Wort, der zu Beginn der Debatte eine spätere Überarbeitung des umstrittenen Leitbilds in Aussicht gestellt hatte. «Das Leitbild fordert für Finanzliegenschaften apodiktisch, das Potenzial der Marktmiete auszuschöpfen», hielt Lindenmeyer an seiner Kritik fest.
Ernst Danner (Oerlikon) hatte zuvor von einem «moderaten Ertrag» gesprochen, den die Kirche anzustreben habe. «Als Reformierte haben wir kein Problem mit Gewinn, zugleich sind wir zur Gemeinnützigkeit über das kirchliche Leben hinaus verpflichtet, solange die Unternehmen Kirchensteuern zahlen müssen.» Unterschiedlich beantwortet wurde die Frage, ob das Leitbild den Spielraum für eine solche Preispolitik zwischen Kostenmiete und Marktmiete überhaupt zulässt.
Alles nur ein Missverständnis
Andreas Hurter führt die Kritik am Leitbild in erster Linie auf Missverständnisse zurück. «Die Kirche macht keine Spekulation», betonte er. Zurzeit investiere die Kirche zehn Millionen Franken pro Jahr in ihre Immobilien auf Stadtgebiet, mit der Unternehmenssteuerreform drohe ein Minus von weiteren zehn Millionen. «Wir wollen lediglich den Substanzverlust verhindern und mögliche Erträge in kirchliches Handeln investieren.» Mit dem Beharren auf Gemeinnützigkeit drohe der Ertrag auf Null zu sinken.
Vorerst geht es für Hurter darum, Transparenz zu schaffen. Wenn defizitäre Liegenschaften günstig vermietet würden, handle es sich dabei um «versteckte Subventionen».
Wenn viele mitreden
Mit grosser Mehrheit stimmte die Zentralkirchenpflege dem Antrag des Vorstands zu, den Immobilientransfer durch eine Kommission vorzubereiten. Ein Rückkommensantrag von Michael Braunschweig (Industrie) wurde damit hinfällig, er zog ihn zurück.
In die vorberatende Kommission wählte die Zentralkirchenpflege Michael Braunschweig, Katja Schwanke Graf, Ciel Grossmann, Marlies Müller, Bruno Hohl, Daniel Michel und Ursina Fausch. Hinzu kommen externe Fachleute sowie Vertreter des Verbandsvorstands. Andreas Hurter hatte vergeblich vor der Schwerfälligkeit einer zu grossen Kommission gewarnt. Mit einer knappen Mehrheit von 29 zu 24 Stimmen brachte Ernst Danner seinen Änderungsantrag durch, der die vom Vorstand vorgesehene Beschränkung auf fünf Delegierte der Zentralkirchenpflege kippte.
