Start zum Abstimmungskampf um Kirche

Thun

Der Streit um die Johanneskirche geht in die nächste Runde: 2018 wird das Stimmvolk über die Initiative für den Erhalt der Kirche abstimmen.

Das Verdikt im Parlament ist eindeutig: Mit 20 zu 7 Stimmen lehnte der Grosse Kirchenrat der reformierten Gesamtkirchgemeinde Thun die Initiative «Pro Johanneskirche» in der Sitzung vom 27. November ab. Damit muss sie innert der nächsten neun Monate den Mitgliedern der Gesamtkirchgemeinde zur Abstimmung vorgelegt werden. Das Vorgehen wird gemäss Willy Bühler, Präsident des Kleinen Kirchenrates (Exekutive), in der Parlamentssitzung vom 29. Januar beschlossen.

Für den Co-Präsidenten des Vereins «Pro Kirchen Strättligen», Oliver Jaggi, kommt das Resultat «nicht ganz unerwartet». Aus Sicht des Vereins sei es aber «bedenklich, wie wenig den Volksvertretern im Kirchenparlament die Meinung der vielen Unterschreibenden offenbar gilt». Wie der Verein genau weiterfahren will im Kampf um die Kirche, werde der Vorstand an der nächsten Sitzung Mitte Dezember entscheiden. Ganz sicher werde es sich im Abstimmungskampf für seine Initiative einsetzen.

Fehlende Informationen. Die Initiative verlangt den Erhalt des Kirchenzentrums Johannes und wurde im vergangenen Frühjahr rechtsgültig eingereicht. Der Verein lancierte sie vor einem Jahr, nachdem der Grosse Kirchenrat Ende August 2016 entschieden hatte, die Johanneskirche zu entwidmen und so den Verkauf möglich zu machen. Zuvor hatte die betroffene Kirchgemeinde Strättligen in ihrer Versammlung aber einen Antrag auf den Verzicht einer Kirche – damals war von Gwatt die Rede, nicht von der Johanneskirche – zurückgewiesen, weil für die Entscheidung relevante Informationen fehlten.

Für Oliver Jaggi ist das heute noch so. Von der Gesamtkirchgemeinde her sind die finanzielle Situation und der hohe Renovationsbedarf des Kirchenzentrums die Hauptargumente, die einen Verzicht nötig machten. Der Verein habe das Detailbudget der Gesamtkirchgemeinde angefordert, um sich selbst ein Bild machen zu können über die Lage, sagt Jaggi. Dasselbe verlangte die Kirchenparlamentarierin Dora Kaiser in der gestrigen Sitzung. Das Anliegen wurde abgelehnt.

Ungenügende Transparenz. «Das widerspricht der Kantonsverfassung und dem Informationsgesetz», sagt Oliver Jaggi. Demzufolge hat jede Person das Recht auf Einsicht in amtliche Akten, wenn keine «überwiegenden öffentlichen oder privaten Interessen» entgegenstehen. Zudem müssen Gemeinden – das gilt auch für Kirchgemeinden – den Zugang zu Entscheidgrundlagen der Parlamente gewährleisten. Dies werde in der Gesamtkirchgemeinde Thun teils nicht umgesetzt, was Jaggi als ungenügende Transparenz einstuft. Der Verein behalte sich auch in dieser Hinsicht rechtliche Schritte vor, sagt er.

KKR-Präsident Willy Bühler widerspricht der Aussage, dass die Detailunterlagen nicht eingesehen werden könnten. Das Parlament habe vor längerer Zeit selbst entschieden und gestern bestätigt, dass ihm nur eine Kurzfassung der Jahresrechnung und des Budgets vorgelegt werde, sagt Bühler: «Die detaillierten Unterlagen können jedoch auf der Verwaltung eingesehen werden.»

Gerichtsfall auf Eis und Mediation

Parallel zur Initiative erfolgt das Seilziehen um das Kirchenzentrum Johannes auf einer zweiten Schiene. Der Verein «Pro Kirchen Strättligen» hatte im Januar 2017 eine Beschwerde beim Verwaltungsgericht eingereicht. Sie richtet sich gegen den Entwidmungsentscheid des Thuner Kirchenparlaments (vgl. Haupttext). Der Verein vertritt die Meinung, dass die Gesamtkirchgemeinde nicht ohne die Verzichtserklärung der betroffenen Kirchgemeinde einen Entwidmungsentscheid fällen könne. Und eine solche Verzichtserklärung liegt nicht vor.

Zurzeit ist der Fall beim Gericht aber sistiert, weil eine Mediation mit Beteiligung der Gesamtkirchgemeinde Thun, Kirchgemeinde Strättligen und des Vereins im Gang ist. Über deren Inhalte haben die Beteiligten Stillschweigen vereinbart. Festgehalten wird einzig, dass bisher eine Sitzung stattgefunden habe und die Beteiligten unterschiedliche Erwartungen an die Mediation hätten. Eine nächste Sitzung dürfte im Januar 2018 stattfinden.