Recherche 15. Februar 2021, von Hans Herrmann

Die dreijährige Vakanz im Bistum Chur ist beendet

Katholische Kirche

Papst Franziskus hat den neuen Bischof von Chur ernannt: Joseph Maria Bonnemain (72) tritt eine schwierige Aufgabe an. Er wird von vielen als Brückenbauer begrüsst.

In den letzten Jahren hat sich die Situation im Bistum Chur – zu dem auch die Zürcher Katholiken gehören – zugespitzt: Der Dialog zwischen den liberalen Kräften und den konservativen Gläubigen schien nicht mehr möglich. Zumal konservative Bischöfe wie zuletzt Vitus Huonder in Sachen Frauenverantwortung, Homosexualität und Abtreibung kaum Spielraum für zeitgemässe Sichtweisen liessen. Im Bistum stehen sich somit zwei Lager zerstritten gegenüber. Beobachter bezeichnen die Zustände sogar als «zerrüttet».

Gemässigt konservativ

Nach fast dreijähriger Vakanz ist der neue Amtsinhaber jetzt bekannt: Papst Franziskus hat Joseph Maria Bonnemanin zum Bischof von Chur ernannt. Dies, nachdem das Domkapitel im November aus einem Dreiervorschlag des Papstes keine Wahl getroffen hatte. Der 72-jährige Joseph Bonnemain ist seit 40 Jahren für das Bistum Chur tätig. «Unter dem umstrittenen Bischof Wolfgang Haas machte er Karriere. Später distanzierte sich Bonnemain vom erzkonservativen Kurs», schreibt die Newsplattform kath.ch.

Wann der neue Bischof geweiht wird, ist noch offen; vielleicht zu Ostern. Als Mitglied der ultrakonservativen Organisation Opus Dei gehört Joseph Maria Bonnemain sicher nicht zu den progressiven Kräften im Bistum Chur. Andererseits gilt der Theologe, der auch Medizin studiert hat, als gemässigte Kraft und insbesondere als Befürworter des dualen Systems in der Schweiz. Er anerkennt also, dass es nebst dem Bistum und seinen Kompetenzen auch noch demokratisch organisierte Kantonalkirchen gibt. Bischof Vitus Huonder und andere hatten diese demokratische Besonderheit infrage gestellt.

Ein Mann der Tat

Auf dem neuen Bischof ruht die Hoffnung vieler als Brückenbauer. Für eine persönliche Stellungnahme ist er gemäss dem Mediendienst des Bistums noch nicht zu haben. Er möchte zuwarten bis zur Weihe. Doch hat Joseph Maria Bonnemain bereits ein Grusswort formuliert. Darin schreibt er unter anderem: «Wir durchleiden Spannungen, Spaltungen, Polarisierungen. Wir sehen das auch in der Kirche, auch im Bistum Chur. Es sind Spannungen, Spaltungen, Polarisierungen, die wir uns – Gott weiss es – wahrhaftig nicht leisten können.»

In dieser Situation brauche es Geschwisterlichkeit und Hoffnung, so Bonnemain weiter. Die Menschen erwarteten «völlig zu Recht», dass die Kirche hier ein Vorbild sei und «Wege der Geschwisterlichkeit und Hoffnung» aufzeige. In den letzten Jahren sei viel gesagt, gesprochen und geschrieben worden – «ja zu viel». Nun gelte es zu handeln: «Es gibt viel zu tun.»