Seit einem Jahr gibt es in Winterthur die Koordinationsstelle Flüchtlingshilfe, die Sie mit einer Kollegin leiten. Sie haben fast vom ersten Tag an Geflüchtete und Gastfamilien begleitet. Gibt es eine Begegnung, die Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist?
Elisabeth Wyss-Jenny: Ich kann es nicht auf eine einzelne reduzieren. Es war immer wieder berührend zu sehen, wie aufopfernd sich Schweizer Familien um Gäste kümmerten. Ein älteres Ehepaar nahm beispielsweise die ukrainischen Gäste zur 1.-August-Feier mit, machte es möglich, dass sie beim Fest mithelfen und Kontakte knüpfen konnten.
Wie sieht Ihre Bilanz nach einem Jahr aus?
Insgesamt positiv. Wir konnten die Gastfamilien in der Stadt Winterthur gut begleiten, auch wenn die Voraussetzungen dafür anfänglich schwierig waren. Der Aufruf, Menschen aufzunehmen, kam von Campax und der Flüchtlingshilfe. Allerdings fiel die Unterstützung durch diese Organisationen viel geringer aus, als man den Gastfamilien versprochen hatte. Deshalb war es umso wichtiger, ein Ansprechpartner zu sein, um den Menschen Wertschätzung zu geben.
Fühlten sich die Gastfamilien vom Staat alleingelassen?
Ja, sie mussten viele Probleme zuerst selbst bewältigen. Wir haben dann Treffen mit Fachleuten zu verschiedenen Themen veranstaltet, etwa zur Anmeldung des Schutzstatus oder zur Einschulung.