Zuweilen klingt Roger Hallam wie ein Prophet. Der Mitbegründer der radikalen Klimabewegung Extinction Rebellion warnt vor einem «Genozid durch Unterlassen», wenn die Trägheit demokratischer Prozesse Massnahmen gegen die Klimakatastrophe verzögert. Und wie die biblischen Autoren apokalyptischer Schriften liefert er den Grundriss für ein neues Jerusalem, indem er die Gesellschaft neu denkt und demokratische Prinzipien zumindest ritzen will für den Klimaschutz.
«Wir leben in apokalyptischen Zeiten», sagt Georg Pfleiderer, Professor für Systematische Theologie und Ethik an der Universität Basel. In ihrer Geschichte sei die Menschheit wohl noch nie so nahe daran gewesen, sich der Lebensgrundlagen zu berauben. «Es scheint eine Entscheidungszeit angebrochen.»
Davon gingen auch biblische Autoren aus. Apostel Paulus ist kaum zu verstehen ohne das Wissen, dass er sich in einer Endzeit wähnte. Das Christentum sei eine apokalyptische Religion, sagt Pfleiderer.
Analyse und Prognose
Die Apokalyptik hat allerdings das Fach gewechselt. Statt von Gott empfangene Visionen geben komplexe Rechenmodelle den Zeitplan bis zum Untergang vor. Wie die mahnenden Stimmen in der Bibel beschreibt das Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) erste Anzeichen für das drohende Ende. Der Klimawandel wirke sich bereits auf Wetterextreme aus, ist im neusten Sachstandsbericht zu lesen: «Dies hat zu weitverbreiteten nachteiligen Folgen und Verlusten und Schäden für Natur und Menschen geführt.»