Die Bibel selbst ist nicht das ökospirituelle Buch par excellence. Wichtiger war den Autoren die Heilsgeschichte des Gottesvolkes und die Erlösung der Welt von der Erbsünde. Und doch scheinen in den biblischen Texten immer wieder Bezüge zur Schöpfung und zur Kraft der Natur auf, am deutlichsten in den beiden Schöpfungserzählungen zu Beginn der Bibel.
«Und Gott sah alles an, was er gemacht hatte, und sieh, es war sehr gut»: Mit dieser Feststellung bekundet die Bibel den Wert des Geschaffenen.
Der Mönch als Naturpoet
Auffallend wenig Naturlob findet sich in den vier Evangelien. Jesus war unterwegs, um das Reich Gottes zu verkünden. Dass zu diesem Reich auch die Schöpfung gehört, war für die galiläischen Bauern und Fischer, zu denen er predigte, selbstverständlich und bedurfte keiner Worte.
Die Christinnen und Christen des europäischen Mittelalters erlebten die Natur eher als feindliche Sphäre mit vielfältigen Gefahren und Widrigkeiten wie Kälte, Dürre, Überflutungen, Hagel, Ernteausfall und wilden Tieren.
Eine Ausnahme bildete der Prediger und Ordensgründer Franz von Assisi (1181–1226), der seinen Glauben stark mit Empfindungen verband, die er aus dem Naturerleben schöpfte. Davon zeugt sein hymnischer «Sonnengesang», in dem er Gott und seine gute Schöpfung poetisch preist. Dieses Gedicht gilt als das erste Werk italienischer Hochliteratur.