Der pensionierte reformierte Pfarrer setzt sich seit zwei Jahrzehntenf ür den Dialog mit den Mennoniten ein, und er ist ein wandelndes Lexikon, wenn es um die Geschichte der Täufer in der Schweiz geht. «Die Geburtsstunde des Täufertums ereignete sich vermutlich in diesem Haus an der Neustadtgasse 1», sagt er zu einer Gruppe von Pfarrpersonen aus den USA; immer wieder führt Dettwiler Reisegruppen zu den Hotspots der Reformation. «Hier wohnte Felix Manz, einer der drei jungen Wilden, die es wagten, sich gegen Zwingli aufzulehnen.»
Allerdings erinnert keine Plakette an der Fassade an den geschichtsträchtigen Moment vor 500 Jahren, der die Abspaltung der Täufer von den Reformierten einleitete. Denn ganz sicher ist es nicht, dass die erste Erwachsenentaufe hier stattfand, aber sehr wahrscheinlich. Als historisch gesichert gilt, dass in dem Haus zwischen 1511 und 1531 ein «Caplan Felix Mantz» wohnte: «Es ist anzunehmen, dass es sich hierbei um den Vater des Täufers Felix Manz handelte, der seinem Sohn denselben Vornamen Felix gab», sagt Peter Dettwiler.
Drei Männer taufen sich gegenseitig
An diesen Bewohner «Felix Mantz» (mit tz) erinnert eine blaue Häuserbeschriftung an der Neustadtgasse 1. Stimmt die Theorie, wäre der bekannte Täufergründer Felix Manz das uneheliche Kind eines Chorherren gewesen und hätte hier bei seinem Vater gewohnt. Der genaue Ort ist allerdings seit längerem Gegenstand von Mutmassungen der Historiker: Felix Manz könnte auch im Nachbarhaus an der Neustadtgasse 4 gewohnt haben, wo ebenfalls ein Kaplan namens Mantz, mit Vornamen Hans, gewohnt hat. Als gesichert gilt, dass die erste Täufer-Taufe im Zuhause von Felix Manz stattfand.
Was sich hier nur einen Steinwurf vom Grossmünster entfernt vor einem halben Jahrtausend zugetragen hat, sollte weitreichende und weltweite Folgen haben. Die Initialzündung: Am 18. Januar 1525 hatte der Zürcher Rat ein Gesetz erlassen, dass alle Kinder innert acht Tagen nach der Geburt zu taufen seien. «Damit war der Konflikt mit den Taufgesinnten unvermeidlich», sagt Peter Dettwiler. «Und so fand hier am Samstag, dem 21. Januar 1525, die erste Wiedertaufe statt.»
Der Hintergrund: Drei rebellische Reformeiferer, frühere Weggefährten Zwinglis, wollten sich mit der Anweisung des Zürcher Rates auf keinen Fall abfinden, denn Johannes der Täufer hatte den erwachsenen Jesus getauft, kein Baby. Und so setzten Felix Manz, Konrad Grebel und Jürg Blaurock drei Tage nach dem Taufpflichterlass ihr Zeichen gegen die obrigkeitliche Anordnung; «Jürg Blaurock bat Konrad Grebel ihn zu taufen und taufte dann selbst Felix Manz in einer schlichten Zeremonie.»