Nicht von dieser und doch in dieser Welt

Jenseits

Kommt noch etwas nach dem Tod? Ein Schwerpunkt über die Frage, was es und was dort sein könnte – mit Blicken auf die Transzendenz, Weltreligionen, Nahtod und Tod in der Kunst.

Das vormoderne Christentum hatte eine starke Ausrichtung ins Jenseits, in eine geistige, erst nach dem Tod ganz erfahrbare Sphäre ausserhalb der physischen Natur. Das Jenseits stellte man sich gern als den wiedergefundenen Garten Eden vor, üppig und wahrhaft «überirdisch» schön. Wer im irdischen Leben vor allem Mühsal und Plage erfuhr, durfte sich auf das Jenseits freuen, als Ort der Gerechtigkeit, der Versöhnung, der Liebe und der Überfülle. Solche Vorstellungen schwin­gen zum Teil noch heute mit.

Mitunter wurde die Erfüllung im Jenseits so sehr betont, dass das Diesseits, also die irdische Schöpfung, ganz aus dem Blick geriet. Diese war nur noch das Jammertal, das es durch ein gottesfürchtiges Leben zu überwinden galt; als Lohn winkte der Eintritt ins jen­seitige Paradies.

Das göttliche Heil in dieser Welt

Eine solche einseitige Fokussierung auf eine geistige Welt fernab der irdischen Realität findet sich in der Bibel aber nicht. Im Alten Testament zeigt sich das göttliche Heil nicht erst im Jenseits, sondern ganz und gar in dieser Welt, in Form von Gesundheit etwa, Segen, ma­teriellem Reichtum, Befreiung aus dem Sklavendienst und – ja, auch Sieg über den Feind.

Erst als mit den Propheten die Vorstellung einer Auferstehung nach dem Tod aufkommt, verlagern sich die Hoffnungen der Gläubigen zunehmend auf das Jenseits.

Gott ist die Macht, die aus ihrer jensei­tigen Sphäre ins Leben der Menschen eingreift und zurechtrückt, was schief ist. Erst als mit den Propheten die Vorstellung einer Auferstehung nach dem Tod aufkommt, verlagern sich die Hoffnungen der Gläubigen zunehmend auf das Jenseits.

Das Reich scheint in die Lebensrealität hinein

Die Auferstehung Jesu nimmt nach christlicher Vorstellung die Auferstehung aller Toten am Jüngsten Tag, dessen Datum nicht bekannt ist, vorweg. Es wäre aber falsch, alles Schöne, Gute und Gerechte auf diese jenseitige Verheissung zu projizieren. Denn die Evangelien sagen, dass das Reich Gottes – ein neues, vollkommenes Zeitalter – mit dem Wirken Jesu bereits angebrochen ist und in unsere Lebensrealität hineinscheint.

Das geschieht nicht von selbst, sondern durch Menschen, die sich von der Botschaft der Nächstenliebe berühren lassen und sie zu leben versuchen – jetzt, nicht erst in der Ewigkeit.