Es sei nicht nur die Spitze des Eisbergs, sondern «die Spitze der Spitze des Eisbergs». Was Martin Wazlawik, Professor an der Hochschule Hannover und Koordinator einer Studie zu sexuellem Missbrauch in den evangelischen Kirchen Deutschlands, präsentierte, war beklemmend.
In einer in drei Jahren angelegten, von der Evangelischen Kirche Deutschland (EKD) in Auftrag gegeben Studie, wurden 4282 Disziplinarakten, 780 Personalakten und 1318 weitere Unterlagen ausgewertet, die aufzeigten, dass sexuelle Gewalt nicht nur ein grosses Thema für die katholische Kirche ist. Die Studie spricht von 2225 Betroffenen und 1259 mutmasslichen Tätern, wobei die Quellenlage aufgrund fehlender personeller und zeitlicher Ressourcen eingeschränkt war. Eine Hochrechnung schätzt die Anzahl Betroffener auf 9355 und Beschuldigte auf 3497.
Gemäss der Studie, an der sich der Verbund von Forschenden ForuM sowie acht Hochschulen beteiligten, waren rund 64,7 Prozent der Opfer männlich und rund 35,3 weiblich. Bei den Beschuldigten handelt es sich mit 99.6 Prozent fast ausschliesslich um Männer. Rund zwei Drittel von ihnen waren bei der Ersttat verheiratet.