Recherche 08. September 2022, von Constanze Broelemann, Mirjam Messerli

Brunnengespräch mit Nicholas Jesson aus Kanada

«Am Brunnen»

Wir berichten live vom Gipfeltreffen der christlichen Kirchen in Karlsruhe. 5000 Gäste aus 350 Kirchen aus aller Welt sind hier. Wir haben mit einigen von ihnen gesprochen.

Heute trafen wir:

Nicolas Jesson, arbeitet in Kanada als Ökumenenbeauftrager. Er unterrichtet Katholiken zum Thema Ökumene und ermutigt die Gemeinden, sich aktiv in ökumenische Arbeit einzubringen. Am ÖRK in Karlsruhe schreibt er über die Versammlung, unter anderem auf Social Media. Sein Ziel ist es, daheim in Kanada den Weltkirchengipfel zu erklären und bekannter zu machen.

Weshalb ist die römisch-katholische Kirche nicht Mitglied beim ÖRK?

Die katholische Kirche hat sich nach dem zweiten Vatikanischen Konzil in den 1960-er-Jahren zur ökumenischen Bewegung bekannt. Am ÖRK sind die Katholiken aber «nur» als Partner und Beobachter mit dabei. Unsere Delegation hier in Karlsruhe wird von Kardinal Kurt Koch angeführt. Nicht Mitglied ist die Katholische Kirche aus zwei Gründen. Zum einen machen die Katholiken einen riesigen Teil der christlichen Welt aus. So wie die ÖRK-Vollversammlung strukturiert ist – die Kirchen erhalten Delegierte aufgrund ihrer Grösse – würde die Katholische Kirche mit zu vielen Delegierten vertreten sein. Das Abstimmungsprozedere würde so nicht mehr funktionieren. Der zweite Grund ist inhaltlicher Natur: die Katholische Kirche versteht sich selber als Weltkirche. Wir haben keine «nationalen» Kirchen, sondern überall auf der Welt die gleiche Lehre.

Was war bisher Ihr persönliches Highlight hier am ÖRK?

Es sind jeden Tag die gemeinsamen Gebete. Die Morgenandacht ist wunderbar. Sie bringt all diese Sprachen, Kulturen und Musik zusammen. Am Abend folgt der Gottesdienst den verschiedenen konfessionellen Traditionen. Wir lernen etwas darüber, aber vor allem erfahren wir sie. Diese Andachten heben meinen Geist jeden Tag.

Was erwarten Sie von dieser Versammlung?

Ich denke, das wichtigste an dieser Versammlung sind die Begegnungen, die Menschen aus aller Welt hier haben. Hier kommen auch Menschen mit sehr verschiedenen politischen Situationen in ihren Heimatländern zusammen. Hier kommen wir zusammen, um in erster Linie zu feiern, dass wir eine Kirche mit einem Auftrag sind. Hier können wir aber auch voneinander lernen. Und wir spüren, dass wir eine gemeinsame Sorge teilen für die grossen Themen dieser Zeit. Diese Dinge nehmen wir mit nach Hause. Aber wir nehmen auch neue Freundschaften mit nach Hause. Und wir nehmen eine Menge Musik mit nach Hause, die wir dann in unseren Kirchen singen können. Ich glaube, wir gehen vor allem mit viel Energie zurück in unsere Heimat.

Wofür beten Sie persönlich?

Mein ganzes bisheriges Wirken habe ich der Ökumene verschrieben. Sie ist für mich sichtbare Christenheit. Ich bete für die Zukunft der gemeinsamen Kirche und das Königreich Gottes. Die Kirche ist eins, weil Christus eins ist.