Recherche 09. September 2022, von Constanze Broelemann, Mirjam Messerli

Brunnengespräch mit Paula Tuilagivou vom Inselstaat Fidji

«Am Brunnen»

Wir berichten live vom Gipfeltreffen der christlichen Kirchen in Karlsruhe. 5000 Gäste aus 350 Kirchen aus aller Welt sind hier. Wir haben mit einigen von ihnen gesprochen.

Heute trafen wir:

Paula Tuilagivou ist 23 Jahre alt und kommt vom Inselstaat Fidji im Südpazifik. Er ist Repräsentant der Pacific Conference of Churches und des Pacific Theological College. An der Versammlung in Karlsruhe gehört er zur Gruppe der jungen, indigenen Menschen, die die Mitglieder der Versammlung auf ihre Situation, Theologie und nicht zuletzt ihre klimatischen Bedingungen aufmerksam machen.

Weshalb sind Sie hier am ÖRK?

Ich bin nicht hier, um die Menschen mit Darbietungen aus unserer Kultur zu unterhalten, sondern vielmehr, um sie zu unterrichten. Denn in unserer Kultur, die rund um den Pazifik angesiedelt ist, werden Wissen und Informationen in Form von Gesängen, Kunst und Geschichten weitergegeben. Für uns in der Pazifikregion ist ein Hauptthema jetzt und auch schon seit Jahrzehnten die Klimagerechtigkeit. An dem Pacific Theological College wird der Versuch unternommen Klimagerechtigkeit mit Theologie zu verbinden. Den sowohl in unserer Kultur als auch in der Bibel steht, dass wir als Menschen Bewahrer und Begleiter der Natur sein sollen und aufgerufen sind, in Harmonie mit ihr zu leben. Dass ist ein sehr bekanntes kulturelles Konzept unserer Region. Als indigene Menschen betonen wir das in unsrer Spiritualität, denn wir haben eine tief verwurzelte Verbindung mit unserem Land, unserem Meer und unseren Tieren, kurz mit Gottes Kreationen.

Was bedeutet die Veränderung des Klimas für Sie?

Als Menschen vom Pazifik bekommen wir sehr stark die Auswirkungen des Klimawandels zu spüren und dass obwohl wir nur 0,03 Prozent des weltweiten Co2-Ausstosses verursachen. Natürlich gibt es überall auf der Welt Klimakrisen, aber für uns, die wir als Inselstaat Fidji sehr klein sind und vom Ozean umgegeben sind, spüren wir den Klimawandel jeden Tag. Unsere Gemeinschaften werden sehr oft umgesiedelt wegen des ansteigenden Meeresspiegels und, weil der Boden nicht mehr fruchtbar ist, werden sie in das Hochland gebracht. Aber für indigene Menschen, die wie gesagt sehr eng mit ihrem Land verbunden sind, sind Umsiedelungen sehr schwierig. Weil wir so unser «Wanua» unsere Verbindung zu unserem Heimatland verlieren. Ausserdem sind wir sehr abhängig von der Landwirtschaft und der Klimawandel beeinflusst die Ernte und damit die Einkommen der Bevölkerung. Und damit unsere ganze Ökonomie. Unser Aufschrei an die westliche Welt ist zu realisieren, dass das, was sie tut einen starken Effekt auf uns hat. Und ich bin hier, um zum Handeln aufzurufen, und zwar auf anderen Weg als nur im Dialog, sondern mit Performances. Weil Handeln durch Gesang und Tanz das Medium ist, das Emotionen hervorruft. Wir fragen nicht nur nach Handlungen, wir handeln. Wir sind nicht am Ertrinken, wir kämpfen!

Was war bisher Ihr persönliches Highlight hier am ÖRK?

Das Beste hier ist für mich, mich mit anderen indigenen Menschen aus der ganzen Welt auszutauschen. Und unsere Blickwinkel aus den verschiedenen kulturellen Kontexten auszutauschen. Und das alles in einer Atmosphäre, die für jeden wertschätzend ist. Und es war sehr augenöffnend für mich, dass leider viele Menschen nicht einmal wissen, wo der Pazifik ist. Aber dafür sind wir hier, um darüber aufzuklären.

Was erwarten Sie von dieser Versammlung?

Hier und schon seit Langem rufen wir nach Klimagerechtigkeit, nach Gerechtigkeit für unseren Ozean nach nuklearer Gerechtigkeit. Als junge Menschen wollen wir, dass das, was hier an der Versammlung in den Dialogen besprochen wird ins Tun kommt. Ich will einen Wandel im System, der für unsere Region im Pazifik konkret positive Auswirkungen hat.

Wofür beten Sie persönlich?

Persönlich bete ich für Führungspersönlichkeiten, die einen solchen Systemwandel ermöglichen. Ich bete für Führungspersönlichkeiten, die uns erreichen und sagen: «Hey! Ich sehe, dass ihr Probleme habt, dass ihr kämpft. Können wir mit Euch kämpfen?» Und nicht Menschen, die bloss sagen: «Oh, oh, das ist euer Problem.» Das wäre mein Wunsch an diese Art von Versammlungen oder Zusammenkünfte, dass Führungspersönlichkeiten offener sind diese Gespräche zu initiieren, aber dann auch dahin zu führen, dass etwas getan wird.

(Das Interview wurde auf Englisch geführt).