«Herzlich willkommen im RZB Biel-Bözingen.» So heisst es auf einem grossen Schild beim Eingang des Rückkehrzentrums, das mitten in einem Industriegebiet steht. Ein kalter Wind weht über das Containerdorf hinter dem mannshohen Maschenzaun hinweg. Von der nahen Autobahn her sind Lastwagen zu hören. Eine Haltestelle verspricht Busse von und nach Biel. Ansonsten gibt es hier wenig für die 108 Menschen. In der Pandemie ist das RZB nur zur Hälfte ausgelastet. Die Bewohnerinnen und Bewohner stammen aus 21 Ländern: Erwachsene, unbegleitete Jugendliche, Familien. Ihr Asylantrag wurde definitiv abgelehnt. Sie müssen die Schweiz verlassen und dürfen keine Sozialhilfe beziehen. Weggewiesene leben von der Nothilfe.
Gemäss Bundesverfassung steht die minimale Unterstützung allen Menschen zu, die in Not geraten sind, um ihnen ein «menschenwürdiges Dasein» zu sichern. Einzelpersonen erhalten neben Unterkunft und obligatorischer Krankenversicherung acht Franken Taggeld, für Familiemitglieder sind es 6.50. Das muss reichen für Nahrung, Kleidung und Hygiene. Weggewiesene Personen dürfen weder arbeiten – auch nicht ehrenamtlich – noch sich weiterbilden. Kinder haben Zugang zur Volksschule.
Fluchtgründe im Dunkeln
Tenzin Choten kommt aus Tibet und lebte bis vor Kurzem mit seiner Familie im RZB Biel-Bözingen. Er zeigt auf einen der Container in der letzten Reihe. «Im Sommer war es dort drin heiss, im Winter klirrend kalt. Und die Küche auf der anderen Seite des Camps, die wir mit allen Bewohnern teilten, war oft schmutzig.» 2013 war Tenzin Choten in die Schweiz geflohen, seine Frau folgte ihm ein Jahr später. Bis heute mussten sie neunmal umziehen.
Zuerst lebte die Familie in einer kleinen Wohnung, dann immer in Asylzentren, und nach der Ablehnung ihres Asylantrags im Rückkehrzentrum. «Hier war es oft sehr laut, weil die Bewohner sich stritten», fährt der junge Tibeter in gebrochenem Deutsch fort. Nachts sei die Polizei gekommen, um jemanden abzuführen. Sein Sohn habe bis heute Angst deswegen.
Seit einigen Wochen lebt die Familie nun dank einer privaten Initiative in einer Wohnung im Dorf. Der fünfjährige Sohn besucht den öffentlichen Kindergarten. In einer wilden Mischung aus Hochdeutsch, Mundart, Tibetisch und einer Fantasiesprache erklärt er, wie froh er sei, nicht mehr im Camp zu sein.