Schwerpunkt 24. März 2021, von Christa Amstutz Gafner

«Nicht derselbe, aber berührbar»

Geheimnisse des Glaubens

Der leibliche Aspekt der Auferstehung ist der Pfarrerin Esther Straub wichtig: «Als Gemeinde sind wir der Leib Christi und müssen uns auch um physische Bedürfnisse kümmern.»

Die leibliche Auferstehung des gekreuzigten, ins Grab gelegten Jesus ist eine kühne Vorstellung. Sie widerspricht allen rationalen Erkenntnissen. Wäre Jesus den trauernden Jüngerinnen und Jüngern lediglich als Geist begegnet, würde das wohl noch leichter in die moderne Erfahrungswelt passen. Aber ein Auferweckter, der herumwandert, sich berühren lässt, isst und trinkt, bis er in den Himmel entschwindet?

Und doch gilt: Dass Jesus leiblich auferstanden ist und auch die Menschen nach ihrem Tod leiblich auferstehen werden, bildet den Kern des christlichen Glaubens. «Ist aber Christus nicht auferweckt worden, so ist unsere Verkündigung leer, leer auch euer Glaube» (1. Kor 15,14), sagt zum Beispiel Paulus. Wie geht Esther Straub, Pfarrerin und Zürcher Kirchenrätin, mit der leiblichen Auferstehung um?

Keine vage Lichtgestalt

«Mein Glaube richtet sich genau darauf aus: dass Jesus nicht als vage Lichtgestalt auftritt, sondern physisch präsent ist», sagt sie. Das Geschehen bleibe letztlich ein Geheimnis. «Es wird nicht ein biologischer Vorgang erzählt, sondern ein Glaubenssatz, der gerade mit der Leiblichkeit Unverzichtbares aussagt.»

So verstehe Paulus die Gemeinde als Leib Christi, sagt Straub. Und auch Zwingli betone den Gemeindekörper in seinem Abendmahlsverständnis. Der Reformator sieht im gemeinsamen Essen des Brots die physische Verbindung mit dem auferstandenen Christus repräsentiert.

Straub versteht den Leib Christi dabei nicht einfach symbolisch: Der auferstandene Christus rufe uns dazu auf, Glauben nicht nur geistig, sondern auch körperlich zu leben, einander seelsorglich beizustehen und materiell zu helfen und gegen Leid, Elend und Ungerechtigkeit in der Welt aufzustehen, damit Christus Gestalt gewinnt.

Die Theologin weist auch auf die Ambiguität der physischen Präsenz vom Auferweckten hin. «Nie wird er sogleich erkannt.» Maria hält ihn zuerst für den Gärtner. Die Jünger, die auf dem Weg nach Emmaus mit ihm wandern, laden den Unbekannten zum Essen ein und begreifen erst, wer er ist, als er das Brot bricht. Thomas will die Wundmale des Gekreuzigten ertasten.

Mehr als das, was wir leben

«Jesus erscheint nicht einfach als wiederbelebter Leichnam, sondern als Christus», sagt Straub. Er habe als Zurückgekehrter oder als Person bei Gott eine neue Präsenz, die sich in der Welt physisch manifestiere. Die Spannung zwischen dem Irdischen und dem Auferweckten hält Esther Straub aus: «Christus ist immer mehr als das, was wir als Gemeinde, als Leib Christi in der Welt leben.»

Esther Straub ist promovierte Theologin, Pfarrerin und Kirchenrätin im Kanton Zürich.