Nervös warten wir vor dem Bahnhof von Toulouse. Der Fotograf Thomas Lohnes und ich haben eine gut sichtbare Bank ausgesucht. Ob Olivier (Name geändert) zum verabredeten Zeitpunkt auftaucht? Wir sind noch ins Gespräch vertieft, als uns unversehens jemand unterbricht: «Hey, wie gehts euch denn?» Olivier steht vor uns, ein breites Lachen im Gesicht. Zum letzten Mal sahen wir ihn vor einem Jahr auf dem Rettungsschiff Sea-Watch 4, nachdem er aus dem Mittelmeer gerettet worden war. Inzwischen ist er nach Toulouse gegangen. Vor allem der französischen Sprache wegen.
«Hast du Hunger?», frage ich. Wir gehen in ein marokkanisches Strassenrestaurant. In der multikulturellen Stadt gibt es ungezählte Restaurants mit Küchen aus aller Welt. Jemand wie Olivier aus Kamerun fällt im Strassenbild nicht auf. Hier leben viele Afrikaner. Beim Essen berichtet er, dass er zurzeit ohne feste Bleibe sei. Man habe ihn aus einer Unterkunft für Asylsuchende in Bellefontaine, einem Vorort von Toulouse, rausgeschmissen.