Sie haben ein ganzes Buch der Haut gewidmet. Was macht dieses Organ so besonders?
Monty Lyman: Die Haut ist wie ein Schweizer Taschenmesser, sie hat viele verschiedene Funktionen. Sie ist nicht nur eine wunderschöne, sondern auch eine enorm effektive, etwa zwei Quadratmeter grosse Barriere zwischen uns und der Umwelt. Einmal im Monat erneuert sich die oberste Hautschicht. Sie ist nur einen Millimeter dick und doch stark und völlig wasserdicht. Die Haut ist auch Teil des Immunsystems, Immunzellen bekämpfen Infektionen. Und sie ist der Thermostat unseres Körpers. Je nachdem wie warm oder kalt es ist, ziehen sich ihre Blutgefässe zusammen oder dehnen sich aus. Und schliesslich ist sie natürlich auch ein Sinnesorgan und wichtig für die Kommunikation.
Dennoch wurde die Dermatologie lange nicht so ernst genommen wie andere Disziplinen, wie Sie in Ihrem Buch schreiben. Warum?
Ein befreundeter Chirurg scherzte stets, die Haut sei eine Art Geschenkpapier, das nur die wichtigen Organe umhülle. In diese Richtung ging auch lange die vorherrschende Meinung in Grossbritannien und auch in anderen westlichen Ländern. Die Haut wurde als eines der letzten Organe anerkannt. Diese Sichtweise hat sich in den letzten Jahrzehnten aber geändert.
Wie kommt das?
Wir wissen heutzutage mehr darüber, wie das Immunsystem funktioniert. Dieses Wissen und auch neue Methoden in der Forschung haben zu immer neuen Erkenntnissen geführt. Gegen Schuppenflechte und Ekzeme können wir beispielsweise Antikörper einsetzen. Diese Krankheiten machten früher in schweren Fällen Krankenhausaufenthalte nötig. Heutzutage gibt es kaum mehr stationäre Dermatologieabteilungen, da wir Wege gefunden haben, diese Krankheiten ambulant zu behandeln. Auch beim Thema Hautkrebs gibt es riesige Fortschritte.