Zu den Kindheitserinnerungen gehört zweifelsfrei die blutige Kruste, die sich jeweils bildete nach einem schmerzhaften Sturz aufs Knie. Die mahnenden Worte der Eltern, die Kruste sein zu lassen, obwohl es eine eigentümliche Freude bereitete, sie wegzukratzen und zu beobachten, wie sich die schneeweisse Stelle darunter sofort mit hellroten Blutpunkten bedeckte.
Wundheilung ist ein Wunder, das die Haut vollbringt. Selbst der kleinste Schnitt im Finger schmerzt, offenbart den schmalen Grat zwischen körperlicher Versehrtheit und Unversehrtheit. Die Haut umhüllt den Körper, hält Schädliches fern. Zugleich ist sie Tor zur Aussenwelt. Sie ermöglicht es uns, Dinge zu ertasten, Berührungen wahrzunehmen.
Organ der Sinnlichkeit
Haut ist Leidenschaft. Kaum ein Liebesroman, der mich mehr berührte, ja mehr unter die Haut ging als «Salz auf unserer Haut» von der französischen Autorin Benoîte Groult. Die Haut wird zur Metapher für die tiefen sinnlichen Erfahrungen, welche die Protagonistin George während ihrer Aufenthalte in der Bretagne macht: die raue Berührung des Salzwassers, das Gefühl des Windes auf der Haut, das Versinken in leidenschaftlichen Momenten mit ihrem Liebhaber Gauvain.