Sein Untergang war ein Bestseller

Christliches Abendland

Vor hundert Jahren schrieb Oswald Spengler sein Buch vom Untergang des Abendlandes. Der Titel wurde zum geflügelten Wort.

«In diesem Buche wird zum ersten Mal der Versuch gewagt, Geschichte vorauszubestimmen.» Mit diesem selbstbewussten – allerdings falschen – ersten Satz erschien 1917 und 1922 «Der Untergang des Abendlandes». Das Buch, 1250 Seiten dick, wurde zum Bestseller im pessimistisch gestimmten Nachkriegsdeutschland. Es verkaufte sich rund 400'000 Mal und ist weiterhin lieferbar.

Geschichte wird deshalb vorausbestimmt, weil Autor Oswald Spengler Schluss macht mit dem Fortschrittsglauben. Für ihn entwickelt sich die Geschichte nicht linear, sondern in Kreisläufen, im andauernden Aufstieg und Niedergang von Kulturen. Jede Hochkultur erlebe Frühling, Sommer, Herbst und Winter: Sie entsteht, reift, vergeht und wird am Ende durch eine neue Hochkultur abgelöst. Acht solcher Kulturzyklen gab es laut Spengler bisher auf der Erde, die Ägypter und Kreter waren die Ersten, die abendländische Kultur sei die letzte.

Diese Hochkultur, vor tausend Jahren entstanden, steuere nun auf ihren letzten Kampf zu: dem von Geld und Blut. Die Diktatur des Geldes, und die Demokratie als ihre politische Waffe, würden abgelöst durch Demagogen und Diktatoren. Zehn Jahre nach seinen Worten kam der Nationalsozialismus an die Macht. Speng­ler hielt das Kabinett Adolf Hitlers zwar für ein «Faschingsministerium», aber im faschistischen Diktator Mussolini sah er seine Theorie bestätigt.

Besonders christlich war Spengler übrigens nicht. Er hielt das Christentum für eine orientalisch-arabische Sekte des Ju­dentums. Auch Religion betrachtete er kritisch. Religion erscheine am Ende einer Hochkultur, wenn sich Menschen in ihr Schicksal ergeben. In dieser Phase sei sie nicht mehr zukunftsfähig.