Die Northwood Church war 1985 die erste Kirche, die er gründete. Wie einst die Broadway Baptist Church gehört sie zur konservativen Southern Baptist Convention. Doch 2010 öffnete sich die Gemeinde für Menschen aller Länder und Ethnien, sie stellte schwarze Pastoren und Mitarbeitende ein. «Wir habe damals viele Mitglieder verloren, aber wir wollten eine multiethnische Kirche werden.» Heute gibt es in der Kirche jeden Sonntag auch Gottesdienst auf Spanisch: Die Sprache ist wegen der Grenze zu Mexiko und den zahlreichen Einwanderern hier weitverbreitet.
Das Thema illegale Migration und die Stimmung, die christliche Nationalisten gegen Migranten schüren, treiben Roberts und seine Gemeinde um. «Dass wir eine Lösung für unsere Probleme an der Grenze finden müssen, ist offensichtlich», räumt er ein. «Wenn jedoch Geflüchtete hier sind, egal ob aus Mexiko, Afghanistan oder der Ukraine, dann kann ich doch nicht sagen: ‹Klar, Jesus sagt, man solle seinen Nächsten lieben, aber du bist ein Einwanderer, und deswegen kann ich das nicht tun!›.»
Pfarrpersonen unter Druck
Der Pastor beklagt, viele evangelikale Kirchen hätten sich zu sehr von der Politik vereinnahmen lassen. Manche Pfarrer unterstützten gar explizit Donald Trump, weil das die Massen in die Kirchen treibe. «Ein Personenkult um einen Politiker, obwohl es in den Kirchen doch um Jesus Christus gehen sollte und um die prophetischen Botschaften der Bibel», sagt Roberts.
Oft bringt christlicher Nationalismus Pastoren, die anders denken, in ihren Gemeinden in grosse Not. Seine eigene Meinung zu äussern, birgt Risiken, zumal die Pfarrer direkt von der Gemeinde angestellt sind und um ihren Job bangen müssen. Roberts: «Speziell junge Pfarrer sind verzweifelt, viele sind kurz davor, selbst zu kündigen, und fragen mich um Rat.»
Deshalb hat er einen Leitfaden erarbeitet. Die Publikation, die er innerhalb seines interreligiösen Netzwerkes angestossen hat, hält er in die Kamera; es ist ein «Peacemakers Toolkit», eine «Anleitung zum Friedenstiften» für Geistliche mit Leitungsfunktion. Auf 70 Seiten geht es um konstruktive Gesprächsführung, den Umgang mit Fake News oder um Methoden, einer Radikalisierung entgegenzuwirken. Ein Plädoyer für Dialog und dafür, sich im Kampf gegen Hass und Desinformation zu vernetzen.
Bündnisse schliessen
Wie lässt sich christlicher Nationalismus beenden? Auf diese Frage hat der evangelikale Kirchengründer Bob Roberts die gleiche Antwort gefunden wie Amanda Tyler. Die Baptistin hat jüngst ein Buch mit genau diesem Titel veröffentlicht, nur das Fragezeichen fehlt. «Es ist wichtig, dass wir uns vor Ort gemeinsam engagieren. Auch mit Menschen unterschiedlichen Glaubens und Konfessionslosen», sagt sie.
«Christians against Christian Nationalism» hat im Frühling ein lokales Pilotprojekt in Nord-Texas gestartet. Es bezweckt, unterschiedliche Kirchgemeinden und Organisationen zusammenzubringen und ihnen zu zeigen, was sie der Ideologie entgegensetzen können.
Mit dabei: die Broadway Baptist Church als Vorbild für eine Kirche, die sich einmischt. Das Wichtigste sei, die Mehrheit der Bevölkerung einzubinden, sagt Amanda Tyler. Sie zum Mitmachen zu bewegen, «im Ringen um eine Demokratie, in der die Menschen vieler Völker Platz haben und in der wir uns alle entfalten können».