Wenn Sie ein Kirchenmitglied nach all den Querelen rund um die EKS fragt, warum es diesen Verein überhaupt noch braucht: Was antworten Sie?
Rita Famos: Zur Einsicht, dass es die reformierte Kirche auf nationaler Ebene braucht, kamen die Landeskirchen bereits vor 100 Jahren, als sie den Kirchenbund gründeten. Ein wichtiger Grund war, dass nach dem Ersten Weltkrieg die Kräfte für die Nothilfe im zerstörten Europa gebündelt werden mussten. Bis heute ist die EKS die Stifterin der grossen kirchlichen Hilfswerke. Es braucht die EKS auch, damit die Bundesbehörden eine Ansprechpartnerin haben und sich nicht einfach an die grossen Mitgliedkirchen in Bern oder Zürich wenden. Der Ausgleich zwischen den grossen und den kleinen Kirchen ist eine wichtige Aufgabe der EKS, sie ist eine Solidaritätsgemeinschaft.
Der Vielfalt und Solidarität zum Trotz sind es immer die Grossen, welche das Präsidium besetzen. Warum braucht es eine Zürcherin an der Spitze?
Woher die Präsidentin kommt, ist nicht so wichtig. Entscheidend ist, dass sie ihre Herkunft verlassen und zur Präsidentin für alle werden kann, ein offenes Ohr hat für die Anliegen aller Mitgliedkirchen. Professionalität zeigt sich darin, dass ich abstrahieren kann von meiner Sozialisation. Dafür ist die Spitalseelsorge, die ich leite, eine gute Schule. Dort habe ich es als reformierte Pfarrerin mit vielen Menschen zu tun, die überhaupt keinen kirchlichen Hintergrund haben. Die EKS profitiert aber auch davon, dass sich Persönlichkeiten aus grossen Landeskirchen zur Verfügung stellen. Ich leite eine Abteilung mit rund 100 Mitarbeitenden und arbeite im Leitungskonvent mit, wo ich die Themen der ganzen Landeskirche mitverantworte, also auch zum Beispiel Kirchenentwicklung, Ressourcen, Kommunikation. Da habe ich viel gelernt.
In welcher Verfassung befindet sich die EKS?
Sie befindet sich in einem Schwebezustand. Sie war mit viel Enthusiasmus gestartet. Wegen persönlicher Geschichten geriet sie arg ins Schlingern. Seit dem Rücktritt von Gottfried Locher und Sabine Brändlin nehme ich eine abwartende Haltung wahr. Ich bin froh, dass wichtige Dossiers wie das Finanzreglement oder das Geschäftsreglement der Synode nun angepackt wurden. Für die Aufarbeitung wurde mit der externen Untersuchung und der parlamentarischen Kommission und der externen Meldestelle eine gute Lösung gefunden. Die Synode zeigte sich nach der extrem schwierigen Sitzung im Juni handlungsfähig, auch der Rat hält den Betrieb aufrecht. In der Geschäftsstelle gibt es viele gute Leute. Die EKS ist in einer schwierigen Situation, aber es kam nicht zum Grounding.
Die Auseinandersetzungen innerhalb des Rats hat bereits 200'000 Franken gekostet. Mit welchen Gefühlen betrachteten Sie die Rechnung?
Mit grossen Vorbehalten. Es ist sehr viel Geld ausgegeben worden. Insbesondere, dass rund ein Drittel der Summe für Kommunikationsagenturen ausgegeben wurde, ist sehr erklärungsbedürftig. Aber das ist ja auch ein Teil der Untersuchung.