Muslimische Seelsorge hat sich bewährt

Asyl

Der Bund verlängert ein Pilotprojekt in den Bundesasylzentren. Unklar ist jedoch, wer die muslimische Seelsorge langfristig bezahlt.

Seit einem Jahr sind sie im Auftrag des Staatssekretariats für Migration (SEM) unterwegs: fünf muslimische Seelsorgende, die sich in den Bundesasylzentren der Regionen Zürich, Westschweiz und Ostschweiz um Migrantinnen und Migranten kümmern.

Jüngst liess das SEM dieses Pilotprojekt von der Universität Freiburg evaluieren. Die Forscher kamen zu einem positiven Schluss. Das Angebot werde nachgefragt und trage auch zur Deeskalation in den Zentren bei. Konflikte in den Unterkünften waren mit ein Grund, warum der Bund das Projekt aufgenommen hatte.

Nach einem ersten Pilotprojekt im Kanton Zürich bis 2017 war der Bund ausgestiegen, die reformierte und die katholische Kirche im Kanton sprangen vorübergehend finanziell ein. Die Landeskirchen sind seit Jahrzehnten mit Seelsorgenden in den Zentren präsent. Knapp 10 Prozent der Bewohner sind Christen, über 80 Prozent Muslime.

Ohne muslimische Kolleginnen und Kollegen stiesse ich als Seelsorger immer wieder an Grenzen.
Arnold Steiner, reformierter Pfarrer

Die muslimischen Kolleginnen und Kollegen seien eine Bereicherung, sagt Arnold Steiner, reformierter Seelsorger im Bundesasylzentrum Zürich. Etwa wenn Trauergespräche geführt oder Totengebete gesprochen werden müssen.  «Viele Themen kann ich als reformierter Pfarrer abdecken, ohne die muslimischen Kollegen jedoch stiesse ich immer wieder an Grenzen», sagt Steiner. Auch zur Identifikation und als Beispiel für gelungene Integration helfe ihre Präsenz, sagt Seelsorgerin Belkis Osman-Besler. Die Gespräche drückten Wertschätzung aus, die Flüchtlinge fühlten sich wahrgenommen. 

Im Team aus zwei muslimischen und zwei christlichen Seelsorgern im Zürcher Bundesasylzentrum ist Osman-Besler die einzige Frau. Auch unter den Bewohnern sind Frauen in der Minderheit. «Aber die dort untergekommenen Frauen haben teils traumatische Erfahrungen auf der Flucht gemacht», sagt Osman-Besler, etwa Vergewaltigungen oder Misshandlungen erfahren. Nicht immer reichen Seelsorgegespräche allein aus, zuweilen empfiehlt Osman-Besler auch einen Psychologen.

Zürcher Weg als Blaupause

Die Zusammenarbeit im interreligiösen Team funktioniert gut, wie die Seelsorgenden berichten. Die Teammitglieder wechseln sich mit ihrer Präsenz ab, die Gespräche vermittelt oft Gesundheitspersonal. Das SEM hat das Projekt nun um ein Jahr verlängert und baut es gleichzeitig aus. Doch wie es langfristig weitergeht, ist unklar. Neben der Finanzierung bleibt auch die Frage nach dem Anstellungsverhältnis zu klären.

Die Studie führt an, dass die muslimischen Seelsorgerinnen und Seelsorger durch staatliche Anstellung als weniger neutral wahrgenommen werden könnten. Im Kanton Zürich sind die Seelsorgenden an die Fachstelle für Qualitätssicherung der muslimischen Seelsorge angebunden. Sie unterstützt bei Fragen und bietet Weiterbildung. Das Modell könnte laut Studie in anderen Kantonen Schule machen. Die Evangelisch-reformierte Kirche Schweiz (EKS) wie auch Belkis Osman-Besler begrüssen den Vorschlag.