An die Zeilen «Im Bett tuen i bäte und schlafe de i. Dr lieb Gott im Himmel wird ou bi mir si!» erinnert sich Christian Walther bis heute.
Das Schlaflied «Ig ghöre äs Glöggli», die kirchliche Unterweisung und die vom Pfarrer visierten Gottesdienstbesuche gehörten zwar zu seiner Kinder- und Jugendzeit. Walther sagt dennoch, dass er kirchenfern aufwuchs. Die Nähe zur Kirche hat er nie gesucht. Doch die Frage, ob er austreten sollte, stellte er sich trotzdem nicht.
Der Journalist bezeichnet sich als kulturreligiös. Die Religion präge die gesellschaftlichen Regeln, Normen und Werte. «Ich bin froh, keiner anderen als der reformierten Tradition anzugehören.»
Die Stimme der Schwachen
Während früher die Kirche eine wichtigere Rolle im Alltag der Menschen spielte, beobachtet Walther heute eine strukturelle Beliebigkeit. «Kirchliche Rituale gaben den Menschen Struktur und Halt. Heute ist davon kaum noch etwas zu sehen.»
Trotzdem soll es die Kirche auch weiterhin geben, hält der Berner fest. Vor allem wegen ihres politischen und karitativen Engagements: «Meine Kirche soll jenen eine Stimme geben, die sonst in unserer Gesellschaft untergehen.» Christian Walther findet nicht nur die Aktivitäten im interreligiösen Dialog und die offenen Kirchen unterstützenswert, sondern auch kirchliche Hilfswerke wie Heks und Brot für alle.
An einen Gott glaubt Walther nicht. Dafür sei er zu rational. «Religionen sind von Menschen gemacht, um das Unerklärbare zu erklären.» So seien Religionen immer wieder instrumentalisiert worden, im Guten wie im Schlechten.
Gottesdienste besucht Walther nicht, verbringt aber viel Zeit in leeren Kirchen. Er schätzt dort die Ruhe und die Architektur. Dass Menschen in der Kirche Gemeinschaft suchen und finden, kann er nachvollziehen. Selber aber verspürt er dazu kein Bedürfnis. «Als Einzelgänger brauche ich nicht mehr Nähe zur Kirche.»