Der spätbarocke Prachtsbau

Pfarrhäuser

Das 250-jährige Pfarrhaus an der Pflanzschulstrasse in Winterthur ist die Villa unter den Pfarrhäusern.

Fast 250 Jahre alt ist das Pfarrhaus der Kirchgemeinde Winterthur-Stadt. Seine Anfänge haben so gar nichts mit der Kirche zu tun. Denn gebaut wurde die zweistöckige Villa im Jahr 1771 als Landhaus für den späteren Ratsherrn Hans Heinrich Biedermann, weit ausserhalb der Stadt Winterthur, mitten im Grünen. Biedermann nutzte sein Landhaus nicht nur als Sommerresidenz, sondern als landwirtschaftlichen Versuchsbetrieb, auf dem er mit neuen Düngungs- und Anbaumethoden experimentierte. Daher der Name «Zur Pflanzschule», der in der Lünette des Walmdachs zu finden ist, zusammen mit einer Reihe von Garten- und Ackerbaugeräten.

Das Haus ist ein «Vertreter des Spätbarock in Winterthur und ein schönes Beispiel erlesener frühklassizistischer Profanarchitektur», wie es in einschlägigen Fachlite­ratur formuliert ist. Drei der vier Fassaden sind gelb verputzt, die Südfassade hingegen besteht aus unverputztem rotem Ziegelwerk. Dass das Haus als Sommerresidenz gebaut wurde, spürt Pfarrerin Henrike-Stauffer-Knoll noch heute, denn in den Zimmern «zieht es», wie sie erklärt – eine Folge der nach wie vor schlechten Isolation, die in den Aussenwänden heute noch aus Stroh besteht. Die ehemals reiche Innenausstattung hat stark unter einer Auskernung in den 1960er-Jahren gelitten. Das Barockzimmer ist nicht mehr echt barock, sondern «barockisiert»; hinter einer Fake Holztür etwa folgt unmittelbar eine Betonmauer.