Mark Oliver Everett alias Eels beschreibt mit dem Bild eines alten Eisenbahners das Gefühl, nicht mehr mithalten zu können, beim besten Willen am Ende seines Lateins zu sein und in dieser Welt nicht mehr weiterzukommen. So heisst es in der zweiten Strophe: «Ich komme mir vor wie ein alter Eisenbahner / der wirklich sein Bestes gegeben hat / damit aus seinem Leben etwas Gutes wird / aber dieser Motor brennt nicht mehr mit Holz / und ich schätze, ich werde nie verstehen / dass die Zeiten, in denen ich lebe, nicht für einen Eisenbahner gemacht sind.»
Immer wieder vom Tod eingeholt
Dieses Gefühl erleben wir wohl alle irgendwann mal, und man muss nicht einmal alt sein dafür. Everett selber war 42 bei der Veröffentlichung seines Albums «Blinking Lights And Other Revelations» 2005. Darin verarbeitete er das Wegsterben seiner ganzen Familie: Als 19-Jähriger fand er seinen Vater nach einem Herzstillstand tot auf. In den 1990er-Jahren starben zuerst seine Schwester durch Suizid und danach seine Mutter an Lungenkrebs. Beim Terroranschlag auf das Pentagon am 11. September 2001 starb seine Cousine, die als Flight Attendant an Bord des entführten Flugzeugs war. Das sich wiederholende Trauma stürzte Everett in eine Depression, wie in seiner beeindruckenden Autobiografie nachzulesen ist. Er wurde selbst suizidal.
Everett schrieb zu seinem Album, es handelt von «Gott und allen Fragen rund um das Thema Gott. Es geht auch darum, wie ich an den Überresten meiner Vernunft und am blauen Himmel festhalte, der am Tag nach einem schrecklichen Sturm kommt. Und es ist ein Liebesbrief an das Leben selbst in all seiner schönen, schrecklichen Pracht.»
Ein geistiges Weihnachtsgeschenk
So ist «Railroad Man» auch nicht durchwegs so hoffnungslos, wie die zitierte zweite Strophe wirkt. Mich beeindruckt, wie Everett trotz seiner schlimmen Erlebnisse am Leben festhält. In der ersten und der letzten Strophe singt er ddenn auch: «Und ich weiss, dass ich entlang der Gleise gehen kann / Es mag etwas länger dauern, aber ich weiss, wie ich den Weg zurück finde.» Diese tröstlichen Liedzeilen sind für mich eine Art geistiges Weihnachtsgeschenk. Sie kommen mir immer wieder in den Sinn, wenn ich wieder einmal vor einem meiner altbekannten nicht-bewältigbaren Problemen stehe. Der Text erinnert mich dann daran, mich auf meine altbewährten Gewissheiten und Methoden zur Selbsthilfe zu verlassen und mir die Zeit zu lassen, die ich brauche, um wieder zu mir zurück zu finden.