Meinung 03. Juni 2019, von Sandra Hohendahl-Tesch

Das Herz auf dem Ausweis ist die bessere Lösung

Medizin

Das Einverständnis auf eine Organ­entnahme nach dem Hirntod muss ­eine bewusste, freie Entscheidung bleiben, findet «reformiert.»-Redaktorin Sandra Hohendahl.

Jeder Mensch hat das Recht auf körperliche Integrität – im Leben und im Sterben. Hat jemand zuvor nicht ausdrücklich zugestimmt, darf er nicht zur Ressource für verwertbare Organe werden. Das Einverständnis auf eine Organ­entnahme nach dem Hirntod muss ­eine bewusste, freie Entscheidung bleiben. Die Widerspruchs­lö­sung stellt dieses Prinzip auf den Kopf. Nur wer explizit Nein sagt, wird nicht zum Organspender.

Der tote Körper wird auf diese Wei­se zum staatlichen Eigentum, was sich mit einer liberalen Grundhaltung nicht vereinbaren lässt. Dennoch besteht Handlungsbedarf. «So viele Menschen wie noch nie warten auf ein Organ.» «Jeden zwei­ten Tag stirbt ein Mensch, weil das Organ fehlt.» Solche Schlagzeilen stimmen nachdenklich. Schliesslich kann jede Person in eine Situation kommen, in der sie auf eine lebensrettende Transplantation angewiesen ist. Organ­spenden bedeutet auch, solidarisch zu sein. Und Hand aufs Herz: Viele Menschen drücken sich doch nur deshalb vor einem Entscheid, weil es unbequem ist, über den eige­nen Tod nachzudenken.

Angehörige entlasten

Gerade diejenigen, welche die Or­gan­­spende eigentlich positiv beurteilen, müssen besser erreicht werden. Dazu trägt sicher die derzeit grosse mediale Aufmerk­sam­­­keit durch die Lancierung der Volksinitiative bei. Wichtig ist zudem das nationale Spenderre­gister, wo man sich seit einem Jahr als Organspenderin eintragen kann und das laut Swisstransplant gut angelaufen ist. Es entlastet im Ernstfall Angehörige, die – etwa bei einem Unfalltod – vor schwie­rigen Entscheidungen stehen. Und vor allem überzeugt die Idee, dass das Passbüro zur Meldestelle für Or­ganspenden wird. Denn über das Amt könnten die meisten Leute erreicht werden. Sie wür­den angehalten, sich mit der wichtigen Frage auseinanderzusetzen. Wer möchte, könnte sich – aus freien Stücken – für einen Herzkleber auf dem Ausweis entscheiden.