Dieser Artikel ist ein Beitrag zur repräsentativen Umfrage über Organspenden von Demoscope im Auftrag von «reformiert.». Weitere Beiträge dazu finden Sie unten im Anschluss an diesen Artikel.
Von den Befragten mit einem monatlichen Bruttohaushalts-Einkommen von weniger als 5000 Franken würden nur 65 Prozent ihre Organe spenden. Bei Personen mit über 9000 Franken Einkommen sind es 84 Prozent. Somit sind finanziell besser gestellte Menschen der Organspende gegenüber positiver eingestellt als ärmere.
Wissen vermindert Ängste
Unterschiedliche Einkommen lassen gemäss der Soziologin Ursula Streckeisen auch auf unterschiedliche soziale Schichten schliessen. Sie sieht verschiedene Möglichkeiten, das Resultat der Umfrage zu deuten: «Sozial Privilegierte haben mehr Zugang zu Wissen.» Als Beispiel nennt sie die Kenntnis darüber, wie die Medizin den Hirntod definiert oder was es mit dem Organhandel auf sich hat. Solches Wissen könne Ängste verringern, Fehlvorstellungen korrigieren und zur Spendebereitschaft anregen, erklärt die Soziologin. Der Zugang zu Kenntnissen erhöhe auch das Interesse an einer Auseinandersetzung mit der Organtransplantation.
Grosses Ja zur Organspende, kleines Ja zum sanften Druck
Wer ein Organ spendet, engagiere sich als Individuum konkret im Bereich der Lebensrettung, der Hilfe, des Kampfes gegen den Tod, sagt Streckeisen weiter und betont: «Die Einstellung, durch eigenes, aktives Handeln eine Überzeugung zum Ausdruck zu bringen und Einfluss zu nehmen, ist in privilegierten Schichten weiter verbreitet als in minderprivilegierten.» Vom sozialen Wandel her gedacht handle es sich bei der Organspende-Idee um eine neue kulturelle Vorstellung der Solidarität. «Neue Vorstellungen fassen in der Gesellschaft zumeist von ‹oben› nach ‹unten› Fuss.» Entsprechend geht die Soziologin davon aus, dass minderprivilegierte Schichten mit der Zeit ebenfalls mehr Spendebereitschaft zeigen werden.