Recherche 23. Oktober 2019, von Constanze Broelemann

Im Alter sieht man die Spende kritischer

Medizin

Je jünger die Menschen sind, desto eher sind sie bereit, Organe zu spenden. Die deutsche Psychologin Merve Winter deutet dieses Ergebnis.

Dieser Artikel ist ein Beitrag zur repräsentativen Umfrage über Organspenden von Demoscope im Auftrag von «reformiert.». Weitere Beiträge dazu finden Sie unten im Anschluss an diesen Artikel.

Beim Thema Organspende gibt es altersbedingte Unterschiede. Menschen zwischen 15 und 34 Jahren haben mit 79 Prozent die höchste Bereitschaft, Organe zu spenden, in der Altersgruppe 55 plus sind es noch lediglich 68 Prozent.

«Effiziente Nutzung»

29 Prozent der Altersgruppe 15 bis 34 nennen als Motivation, ihre Organe zu spenden, die «effiziente Nut­zung der Organe nach dem Tod» im Gegensatz zu 18 Prozent der über 55-Jährigen. Die Jungen zeigen auch eine höhere Bereitschaft, ein Organ anzunehmen: In der jüngsten Altersgruppe der 15- bis 34-Jährigen sind es 72 Prozent, bei den über 55-Jährigen nur noch 45 Prozent.

Dafür hat die älteste Altersgruppe mit 41 Prozent ihren Willen zur Organspende per Ausweis oder Patientenverfügung am häufigsten geregelt. Generell ist festzustellen: Je jünger die Befragten sind, desto eher sprechen sie sich für die Organspende beziehungsweise für die Widerspruchslösung aus.

Jüngere sind idealistischer

Die Psychologin Merve Winter hat zum Thema Organspende publiziert. Sie erklärt sich den Alterssprung in der Um­fra­ge von «reformiert.» so: «Jüngere Menschen sind idealistischer als ältere.» Sie plädierten für eine effiziente Nutzung der Organe nach dem Tod. Bei älteren Menschen rückten Fragen rund ums Sterben stärker in den Mittelpunkt, deshalb machten sie sich eher Gedanken um ihren Willen zur Organspende.

Die abnehmende Spendebereitschaft im Alter liege vermutlich an Zweifeln, die durch die intensivere Beschäftigung mit dem Thema entstehen könnten, sagt Winter. Letztlich sei auch bei der Feststellung des Hirntodes die Organentnahme ein Eingriff in den Sterbeprozess: «Der hirntote Patient wirkt, als würde er schlafen, er atmet, scheidet aus», führt Merve Winter aus.