Der Genfer Regisseur Fred Baillif habe es geschafft, das Publikum in eine Welt mitzunehmen, «die wir im Alltag nicht sehen», sagte Lucie Bader. Die Filmdozentin hat die Jury präsidiert, die «La Mif» (umgangssprachlich für Familie) den mit 10 000 Franken dotierten Filmpreis der Zürcher Kirchen zugesprochen hat. Zwölf Filme aus der Reihe «Fokus: Schweiz, Österreich und Deutschland» standen am Zurich Film Festival zur Wahl.
Der 48-jährige Baillif zeigt in seinem Sozialdrama, wie sieben junge Frauen in einem Mädchenheim zur Schicksalsgemeinschaft werden. In Einzelporträts, die wie ein roter Faden durch die Geschichte führen, zeichnet er ihren Lebens- und Leidensweg nach, in dem auch sexueller Missbrauch vorkommt. Am meisten gelitten haben die Frauen unter dem Schweigen jener, die von den Missbräuchen wussten, aber nichts sagten. Das Heim wird zur Ersatz-familie. Es bietet Schutz und Geborgenheit, doch Konflikte sind natürlich ebenso unvermeidlich.
Die emotionale Ehrlichkeit habe die Jury berührt, sagte Medien- und Religionswissenschaftlerin Marie-Therese Mäder in ihrer Laudatio. «Der Film gibt den Frauen Sichtbarkeit und hebt die Wichtigkeit solcher Institutionen in unserer Gesellschaft hervor.»