Es ist schwere Kost, welche die Kirchen prämieren. Nach dem quälend gut gemachten und mehrfach ausgezeichneten Teenagerdrama «Blue My Mind» von Lisa Brühlmann vergab die Jury den Filmpreis der Zürcher Kirchen in diesem Jahr an «Welcome to Sodom».
Die Dokumentation von Florian Weigensamer und Christian Krönes erzählt von einer riesigen Müllhalde aus Elektroschrott am Stadtrand von Accra in Ghana. Rund 6000 Menschen finden hier Arbeit. Sie verbrennen Kabel, um wertvolles Metall zu gewinnen und setzen sich dem giftigen Rauch aus. Was sie auf dem apokalyptischen Berg ernährt, macht sie krank und zerstört die Umwelt.
Unbequeme Fragen
Zur Schonungslosigkeit des Films gehört, dass er unbequeme Fragen zur Entwicklungshilfe aufwirft. Ursprünglich sollten ausgediente, aber noch intakte Fernseher und Computer nach Ghana geliefert werden. Doch Firmen deklarierten defekte Geräte um und nutzten das Hilfsprojekt, um ihren Schrott loszuwerden. Aber selbst ohne diesen üblen Trick: Die Ungleichheit zwischen Norden und Süden lässt wohl kaum beheben, indem ausgediente Luxusgüter gratis nach Afrika verschifft werden und damit auch noch das Gewissen beruhigt wird. Auf dem Schrott bleiben die Beschenkten auf jeden Fall sitzen.
Neben dem Zürcher Kirchenrat Andrea Bianca als Vertreter der reformierten Kirche sassen «Tatort»-Schauspielerin Delia Mayer, Zeno Cavigelli vom Synodalrat der katholischen Kirche des Kantons Zürich sowie Thomas Binotto vom katholischen Pfarrblatt «Forum» in der Jury. Präsidiert wurde das Gremium von der Filmdozentin Lucie Bader. Sie lobte die «visuelle Wucht» des Siegerfilms, die lange nachwirke. «Sitze ich im Zug und ziehe Mobiltelefon und Kabel aus der Tasche, sehe ich das Flackern des brennenden Elektroschrotts in Ghana vor meinen Augen.»
Werbung für die Kirche
Den Filmpreis vergeben die Zürcher Landeskirchen zum zweiten Mal. Er ist mit 5000 Franken dotiert und geht an eine Produktion aus der Wettbewerbsreihe «Fokus: Schweiz, Deutschland, Österreich». Insgesamt lassen sich die Kirchen ihren Auftritt am Zurich Film Festival rund 70'000 Franken kosten. In der Summe enthalten sind insbesondere die Werbepräsenz in den Publikationen des renommierten Festivals und die Preisverleihung, zu der Gäste aus Kirche, Kultur, Politik und Wirtschaft eingeladen wurden. An der Preisverleihung vom 4. Oktober sprach die Zürcher Regierungsrätin Jacqueline Fehr.
Die Jury bewertet laut eigenen Angaben die künstlerische Qualität, die biblische Sichtweise, die christliche Verantwortung und die Relevanz der Produktionen in Bezug auf aktuelle gesellschaftliche Auseinandersetzungen. Dabei werden Spielfilme oder Dokumentationen «mit universeller Perspektive» gesucht. Zudem sollen die Beiträge «christliche Verantwortung, Humanität und Menschenrechte berücksichtigen».