Kamen unsere Grosseltern zu Besuch, sassen sie mit meinen Eltern im Wohnzimmer, redeten Erwachsenenzeugs und tranken dazu Pulverkaffee. Irgendwann fanden meine Geschwister und ich heraus, wie wir ein bisschen Action ins Geschehen bringen konnten.
«Grossvati, zeigst du uns dein Gebiss?», fragte eines von uns. Einem Ritual gleich passierte darauf immer dasselbe. Die Grossmutter, eine rundliche Dame im Deuxpièces, protestierte entsetzt: «Walter, um Gottes willen, das gehört sich doch nicht!»
Doch der Grossvater lachte breit, sagte aber nichts, und so kletterten wir auf seinen Schoss, bettelten: «Nur ganz kurz, bitte, Grossvati!» Als Grossmutter klar war, dass sich Grossvater unserer Charmeoffensive nicht würde entziehen können, seufzte sie ergeben: «Aber nicht hier im Wohnzimmer!»
Schaurig lustig
Nun zogen wir den alten Mann mit uns in den Flur, hüpften übermütig auf und ab, während er mit beiden Händen in den Mund griff und sein komplettes Gebiss hervorholte. Gruselig sah die Doppelreihe Zähne aus, die er uns entgegenstreckte. Zahnlos scherzte Grossvater mit uns, wir giggelten ausgelassen.
War die Prothese wieder da, wo sie hingehörte, kramte er sein Lederportemonnaie aus der Hosentasche und drückte jedem von uns einen Zweifränkler in die Hand. Und honorierte damit unseren Mut und den Humor.