Mit dem Opa einen über den Durst trinken

Grosseltern

Oma wirkte wie eine fröhliche Geniesserin, Opa kalt und streng. Zumindest bis er einige Gläser getrunken hatte. Und mit diesen blieb der Wunsch, das heute noch mal zu erleben.

Die Sektgläser brauchen viel zu viel Platz in meinem kleinen Daheim. Doch in den schweren Schalen steckt Herkunft. Schlimme und schöne Geschichten meiner Vorfahren, die mich wohl mehr prägten, als mir bewusst ist. Jahrzehntelang standen sie im Wohnzimmerbuffet meiner deutschen Grosseltern, zwischen Likör-, Bier- und Schnapsgläsern. Meine Oma und Opa hatten oft Gäste, laut plaudernd sassen diese in der Stube oder in der Bar, die mein Opa im Keller eingebaut hatte. 

Dort nippte ich mit etwa sieben Jahren zum ersten Mal heimlich an einem Bier, das ein Gast hatte stehen lassen. Es schmeckte grauenhaft und zugleich wunderbar aufregend nach der Welt der Erwachsenen. 

Einige Gläser lang Einblicke 

Hole ich die Sektgläser hervor, sehe ich die beiden jedes Mal vor mir. Meine Oma war eine fröhliche Geniesserin, ass täglich um 15 Uhr Torte und genehmigte sich abends gern ein «Likörchen». Meinen Opa erlebte ich als kalt und streng. Ich wusste, meine Mutter hatte sehr unter ihm gelitten. 

Nur wenn er betrunken war, wurde er weicher, dann erzählte er seine schlimmen Erlebnisse als Soldat im Zweiten Weltkrieg. «Der Hitler machte mein Leben kaputt», sagte er jeweils. War Opa wieder nüchtern, war die Tür zu seiner Seele wieder zu. Als Kind wich ich ihm aus. Heute würde ich gern mal mit ihm einen über den Durst trinken und dann ganz viele Fragen stellen. 

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