Wie haben Sies mit der Religion, Herr Züllig?
Ich bin im Thurgau in einer protestantischen Hoteliersfamilie aufgewachsen, wurde getauft und konfirmiert. Die kirchlichen Feiertage waren uns wichtig. Der Sonntag war aber der strengste Arbeitstag für meine Eltern, da blieb keine Zeit für den Gottesdienst. Das galt auch für uns Kinder, denn wir halfen im Betrieb mit. Und selbst jetzt ist mein Arbeitsalltag als Hotelier nicht wesentlich anders als damals.
Welche Rolle spielt der Glaube heute noch für Sie?
Mir war es wichtig, dass meine Kinder reformiert getauft und konfirmiert werden. Entscheidender als die Frage nach einem Gott sind für mich allerdings die Werte und Verhaltensregeln, die das Christentum für unsere Gesellschaft vorgibt. Das Neue Testament behandelt in vielen Geschichten das Zusammenleben von Menschen. Diese Werte sind für mich zentral.
Was heisst das für Sie als Hotelier und Arbeitgeber?
Der Mensch muss im Mittelpunkt stehen, egal ob er bei uns zu Gast ist oder arbeitet. Es ist wichtig, dass er Wertschätzung, Anstand und Respekt spürt. Für mich als Arbeitgeber heisst das etwa, meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern stets Perspektiven und Weiterbildung zu ermöglichen und ihnen auch die Gelegenheit zu geben, sich untereinander gut kennenzulernen.
Bibeln im Hotelzimmer: einst ein Must. Sind sie nun ein No-Go?
Hätte früher die Bibel in der Nachttischschublade gefehlt, wäre das ein Verstoss gegen die gesellschaftliche Konvention gewesen. Heute jedoch sind Bibeln im Zimmer nicht mehr gefragt. Denn die Menschen können die Bibel auch auf dem Smartphone oder Tablet lesen. Ausserdem bewirten wir nun Menschen aus der ganzen Welt mit unterschiedlichstem Glauben. Auch unsere Mitarbeitenden sind international. Da sollten wir neutral sein.