Recherche 27. Mai 2020, von Felix Reich

Gottfried Locher tritt als EKS-Präsident zurück

Kirche

Gottfried Locher tritt als Präsident der Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz (EKS) zurück. Er stand seit dem Ausscheiden von Sabine Brändlin aus dem Rat unter massivem Druck.

Weil seine Handlungsfähigkeit eingeschränkt sei, trete Gottfried Locher als Präsident der Evangelischen Kirche Schweiz (EKS) zurück. So steht es in einer am Abend des 27. Mai veröffentlichten Medienmitteilung. Ganz überraschend kommt der Rücktritt nicht. Locher stand unter massivem Druck, seit sich Sabine Brändlin «wegen unüberbrückbaren Differenzen» aus dem Rat zurückgezogen hatte.

Ursache für den Eklat ist ein Geschäft, das der Rat seit dem 13. April «intensiv behandelt», wie die EKS schreibt. Es wird spekuliert, dass es dabei um Grenzverletzungen geht. Der Sachverhalt sei zwar weder erstellt noch erhärtet, dennoch habe Locher im Gespräch mit dem Rat beschlossen, aufgrund der «aktuell beschränkten Gestaltungskraft als Präsident» sein Amt per sofort abzugeben.

Zuletzt an Profil gewonnen

Locher war 2011 als Präsident des damaligen Schweizerischen Evangelischen Kirchenbunds gewählt worden. Er hat die Gründung der EKS massgeblich vorangetrieben. Im Januar 2020 war er am Ziel. Bereits davor war Locher medial präsent, zuletzt gewann er mit seiner differenzierten Position zur Seenotrettung und dem Ja zur Ehe für alle an Profil.

Bereits vor seiner Wiederwahl vor zwei Jahren war Locher jedoch umstritten, die Zürcher Theologin Rita Famos trat gegen ihn an. Kritisiert wurde er insbesondere wegen Äusserungen zur Prositution, die er im Buch von Josef Hochstrasser «Gottfried Locher – Der reformierte Bischof auf dem Prüfstand» gemacht hatte. Die Wahl entschied Locher dennoch klar für sich.

Ruf nach Transparenz

Der Rat will die Vorfälle, die zu den Rücktritten von Locher und Brändlin geführt haben, von einer externen Stelle untersuchen lassen. Auch die Landeskirchen von Zürich, Bern, Aargau und Waadt verlangen vom Rat an der nächsten Synode vom 15. Juni Auskunft. Hinzu kam ein Offener Brief von Theologinnen und Theologen, die ebenfalls eine unabhängige Untersuchung forderten.

Der Rat wird vom Vizepräsidium, das aus Esther Gaillard und Daniel Reuter besteht, geleitet. Er will «aus den Geschehnissen die richtigen Schlüsse ziehen und letztlich gestärkt hervorgehen» und verspricht, Klarheit zu schaffen.