«Veränderungen gehören zum Leben»

Spiritualität

Der Journalist Norbert Bi­schof­berger pilgert durch die Schweiz. Das Gehen in der Natur hat ihn ermutigt, beruflich neue Wege zu gehen.

Für die neuste Staffel «Spirituelle Wege der Schweiz» pilgerten Sie vom Waadtländer Jura bis zum Grossen Sankt Bernhard. Wo war es am schönsten?

Norbert Bischofberger: Auf der Via Francigena hat mich der Abschnitt im Waadtländer Jura besonders fasziniert. Die Flusslandschaft an der Orbe ist aussergewöhnlich: verwun­schene Wälder, kleine Wasserfälle und ausgewaschene Kalksteinfelsen. In dieser Landschaft steht in Romainmôtier die Abtei «St-Pierre et St-Paul» – ein Kraftort der besonderen Art.

Hat diese Pilgerreise etwas in ­Ihnen ausgelöst?

In der Natur lerne ich, im Hier und Jetzt zu sein. Im Alltag schweife ich oft ab, lebe in Gedanken mehr in der Zukunft und in der Vergangenheit als in der Gegenwart. Auf der Via Francigena wurde mir einmal mehr klar: Veränderungen gehören zum Leben dazu. Diese Einsicht hat mich von Angst, Zweifel und Skepsis befreit, die mich lange geplagt hatten.

Vor zwei Jahren haben Sie sich beruflich neu aufgestellt. Was war der Auslöser?

Im August 2018 habe ich in einem Monat zwölf Viertausender erklom­men. Da realisierte ich: Es ist mehr möglich, als ich mir vorgestellt hatte. Das hat mich dazu ermutigt, nach 17 Jahren Fernsehsendungen im Studio beruflich Neues auszuprobieren. Im Alter um die 50 Jahre ist der Lebenshorizont absehbar. War’s das schon? Was ­habe ich bisher erreicht? Was kommt noch?

Zur TV-Reihe «Spirituelle Wege» haben Sie ein Buch herausgegeben. Was wollen Sie vermitteln?

Ich will den Menschen zeigen, das Glück liegt vor unserer Haustür.  Die Schweiz hat wunderbare Landschaften und viele Kraftorte zu bieten. Es ist nachgewiesen, dass das Gehen in der Natur die Kreativität fördert. Ich möchte die Menschen anspornen, die Natur und spirituelle Orte zu entdecken, und ich will ihnen alte Geschichten von heiligen Frau­en und Männern wieder ins Be­wusst­sein rufen.

In Ihren Sendungen treffen Sie Menschen mit besonderen Geschichten. Wer hat Sie beeindruckt? 

Im Wallis traf ich Nicolas Buttet. Der Jurist und einst jüngster Walliser Kantonsrat änderte sein Leben radikal. Er verbrachte fünf Jahre in einer Einsiedelei in den Felsen oberhalb von Saint-Maurice neben der Kapelle Notre-Dame du Scex. Während dieser Zeit lebte er in einem Haus auf einer Fläche von nur neun Quadratmetern. Aus Solidarität mit den Armen schläft er bis heute auf dem Boden. In diesem Rück­zug habe er die innere Freiheit gefunden, hat er mir erzählt. Sein Mut, den Weg vom Kopf ins Herz zu wagen, hat mich beeindruckt.

Welchen Kraftort sollte man diesen Frühling besuchen?

Wieso nicht die Täuferwege im Berner Jura? Die Landschaft ist wun­der­schön. Die Geschichte der Täufer ruft uns zudem in Erinnerung, dass uns niemand zum Glauben zwin­gen kann, sondern jeder seinen eigenen Weg gehen muss.

Sendungshinweis:

Sternstunde Religion, «Spirituelle Wege der Schweiz: Via Francigena», So, 9. Februar, 10 Uhr SRF 1

Buchhinweis:

Norbert Bischofberger: Spirituelle Wege der Schweiz. Wie wir in unserem Leben zu uns selbst finden. Weltbild, 2019, Fr. 34.90

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