35 Hochbeete stehen auf der Wiese vor dem reformierten Kirchgemeindehaus in Bethlehem. Aus den Holzkisten ragen Bohnen- und Kartoffelstauden, grosse Zucchettiblätter, Kräuter, sowie viele andere Pflanzen und Blumen. Es blüht und spriesst, soweit das Auge reicht.
Samen aus der Heimat. Im Beet von Susanne Moser-Hofer wachsen Erdbeeren, Bohnen und Karotten. Es ist das dritte Jahr, dass sie ein Hochbeet pflegt. «Die Wiese hier ist mein Garten», sagt die Pensionierte, die ein paar Strassen weiter wohnt. «Wenn es in meiner Wohnung zu warm wird, komme ich hierher, setze mich auf ein Bänkli, spreche mit den Leuten und gehe wieder nach Hause.» Das sei wunderbar, findet Moser, die freiwillig die Wiese von rumliegendem Abfall befreit.
Neben dem Hochbeet von Frau Moser pflegt Frau La Troung Kräuter und Gemüse aus ihrer Heimat. Eine Freundin habe ihr die Samen aus Vietnam gebracht: Basilikum, Sellerie und Salate. Reispflanzen gedeihen in einem mit Wasser gefüllten Plastikbehälter, der am Hochbeet hängt.
«Am Abend komme ich hierher, bringe meinen Hasen mit und lasse ihn über den Rasen hoppeln», erzählt die gebürtige Vietnamesin, die seit 1991 in der Schweiz lebt. Am Wochenende picknicke sie oft, ruhe sich auf einem Liegestuhl neben ihrem Stück Heimat aus. «Seit ich pensioniert bin, habe ich viel Zeit und geniesse den Kontakt zu den anderen Gärtnern.»
Kontakt zu Passanten. Auch Naeem Abu Tayeh schätzt den Kontakt mit den Menschen hier. «Oft komme ich mit Passanten ins Gespräch, die sich wundern, was hier alles wächst», sagt der gebürtige Palästinenser. Letztes Jahr pflanzte er in seiner Kiste Auberginen und Zucchetti.
Heuer beschränkt er sich auf Thymian, Rosmarin, Minze und Salbei. Das kleine Stück Erde verbindet den Pflegefachmann mit seiner Heimat. «Als Kind habe ich immer im grossen Garten meiner Grossmutter geholfen», sagt er und streicht mit der Hand durch die Thymianstaude.
Die Sozialarbeiterin Christa Neubacher kennt alle 31 Menschen, die hier ein Hochbeet für zwanzig Franken pro Jahr mieten. Das Geld geht an das Amt Stadtgrün Bern, das Sitzbänke, Hochbeete, Erde und eine grosse Werkzeugkiste zur Verfügung stellt.
Vor drei Jahren lancierten zwei Studentinnen der Hochschule der Künste zusammen mit der Kirchgemeinde das Projekt «BEEThlehem». «Von Anfang wollten wir, dass sich hier Einheimische und Migranten, Alteingessesene und Neuzuzügler vermischen», sagt Neubacher.
Menschen kommen zusammen. Neben aktiven Kirchgemeindemitgliedern würden dieses Jahr auch viele Familien ein Beet pflegen. Menschen, die sonst keine Beziehung zur Kirchgemeinde hätten. «Für uns ist wichtig, dass hier Menschen zusammenkommen, und sie durch die Gärtnerei ein Stück Heimat finden.»
Einmal im Monat lädt die Kirchgemeinde die Gärtnerinnen und Gärtner zu einem Treffen ein. Und im September gibts jeweils ein grosses Gartenfest – heuer am 2. September. Neubacher freut sich über den Verlauf des Projektes und wie sich der Garten im Quartier etabliert hat. In den ersten beiden Jahren habe es jeweils viel Hundekot zwischen den Beeten gegeben, der weggeputzt werden musste. Dieses Jahr sei er ausgeblieben.
Zudem erleben die Gärtner weniger Vandalismus. «Pflanzen werden kaum noch beschädigt. Auch Gemüse wird weniger geklaut», sagt Neubacher. Jede Kiste ist seit diesem Frühling als «Privat» markiert. Neu ist das Areal auch von einem «Fähnli-Zaun» umgeben. «Ein richtiger Zaun kommt nicht infrage. Das Areal ist öffentlicher Raum und jeder ist hier willkommen.»