Sie ist geblieben. Klara Kaz, kurze graue Haare, weisses T-Shirt, sitzt im Wohnzimmer ihrer Wohnung in Czernowitz. Auf dem Tisch stehen ein Teeservice und Gebäck für den Übersetzer. Vier Monate zuvor hat die russische Armee die Ukraine überfallen. Czernowitz, im Westen des Landes, ist seitdem ein Hort für Menschen auf der Flucht. Menschen, die sich vor den Kämpfen im Osten in Sicherheit bringen, vor Bomben auf Kiew, Charkiw, Odessa. Es ist der zweite Krieg im Leben von Klara Kaz.
Über Videoschaltung erzählt sie vom ersten: Sechs Jahre war sie alt, ein Kind von vieren. Acht Tage bevor der Krieg nach Czernowitz kam, hatte die Mutter noch einen Sohn zur Welt gebracht. «Ich erinnere mich ans Geräusch einschlagender Granaten. Eine Mühle brannte, und meine Mutter rief: ‹Krieg, es ist Krieg!› Dann kamen sie in die Stadt, erst die deutschen Truppen, dann die Rumänen.»
Ins Getto verbannt
Klara Kaz ist heute 87 Jahre alt, sie ist eine der letzten jüdischen Holocaustüberlebenden, die sich ans Getto in ihrer Heimatstadt erinnern. Vor zwei Jahren ging sie noch einmal durch die Gassen, die Soldaten einst mit Stacheldraht vom Rest der Stadt abgetrennt hatten. Sie zeigte die alten Häuser einer Filmcrew für eine Dokumentation.