Recherche 01. Februar 2019, von Felix Reich

Die Herzensangelenheit ist auch ein vernünftiges Geschäft

Immobilien

Für das Sozialwerk Pfarrer Sieber baut die Kirchgemeinde Zürich auf dem Areal der Kirche Glaubten in Zürich. Nun ist der Architekturwettbewerb entschieden.

Der Wettbewerb war hochkarätig besetzt, den das Architekturbüro Schneider Studer Primas für sich entschied. Die Jury betraute sieben Teams mit der Aufgabe, dem Spital Sune-Egge, der Pflegestation Sunegarte und der Notwohnsiedlung Brothuuse neben der Kirche Glaubten ein neues Zuhause zu entwerfen. Die vom Sozialwerk Pfarrer Sieber (SWS) betriebenen Einrichtungen sind heute auf Standorte im Zürcher Kreis 5, Zürich-Affoltern und Egg verteilt. Auch die in einem Bürogebäude am Hardplatz untergebrachte Admistration zügelt.

Brothuuse wurde vor sieben Jahren gegründet, in vier Jahren muss das SWS das Areal aber wieder räumen. Und der Sune-Egge ist in einem Wohnhaus untergebracht, das für ein Spital denkbar ungeeignet ist. So müssen die Betten in ihre Einzelteile zerlegt, im Keller desinfiziert und im Patientenzimmer wieder zusammengeschraubt werden.

Auch das Sieberwerk investiert

Gut 30 Millionen Franken kostet der Neubau. Bauherrin ist die reformierte Kirchgemeinde Zürich. Für Michael Hauser von der Zürcher Kirchenpflege ist das Projekt «ein vernünftiges Geschäft und eine Herzensangelegnheit» zugleich. Das SWS will mindestens einen Drittel der Baukosten übernehmen, um die Miete möglichst tief zu halten. Investiert werden Erbschaften, die dem Werk in den letzten Jahren zugeflossen sind, zudem sollen Grossspender gewonnen werden. Spendengelder werden keine verbaut.

Die Miete wird im Vergleich mit den jetzigen Standorten leicht steigen, Effizenzgewinne durch die Zusammenlegung sollen die Steigerung ausgleichen. Der stellvertretende Gesamtleiter Volker Karbach rechnet damit, dass der Betrieb weiterhin gleich viel kostet.

Abgeschirmt und offen

Der Gewinn liegt für Karbach darin, dass «wir zusammenrücken und flexibler werden». So besteht beim Siegerprojekt die Möglichkeit, bei Bedarf das Spital zu erweitern. Dennoch sind die drei Einrichtungen durch separate Zugänge klar voneinander getrennt. Denn das war eine der vielen Auflagen an die Architekten: Die Bewohnerinnen und Bewohner mit ihren unterschiedlichen Bedürfnissen und Hintergründen sollen sich nicht in die Quere kommen. Gemeinschaft kann manchmal auch bedeuten, gut aneinander vorbei zu kommen.

Gegen die laute Wehntalerstrasse hin schirmt ein Riegel, in dem die Administration mit Geschäftsleitung und Kommunikation untergebracht wird, die Siedlung gegen den Lärm ab. Hier besteht auch Platz für weitere Mieter, beispielsweise eine Arzpraxis und eine Apotheke.

Die Jury lobt denn auch die «gute Balance zwischen Abgeschiedenheit und Schutz und niederschwelliger Zugänglichkeit». Nachbessern müssen die Wettbewerbssieger neben der obligaten Suche nach Sparpotenzial die Fassade. Hier orientierten sie sich für die Jury zu stark am Kirchenzentrum. Zudem müsse «der Bau muss das Image der SWS als menschennahe, niederschwellige diakonische Organisation verkörpern». Frei übersetzt: Etwas bescheidener soll der Auftritt noch werden.

Zusatzrunde für die Fassade

Eine spezielle Beziehung zum Ort hat Jurypräsident Mike Guyer vom Büro Gigon Guyer, das zum Beispiel den Zürcher Prime Tower oder das Kirchner Museum in Davos entworfen hat. Seine Eltern Esther und Rudolf Guyer entwarfen die Pläne für das Kirchenzentrum Glaubten. «An den Glockenaufzug kann ich mich gut erinnern.»

Nicht nur für die Fassade liess sich das Team von Schneider Studer Primas vom Kirchenbau inspirieren. Sie fasziniere am bestehenden Zentrum, dass «man zuerst in den Hof und so zur Ruhe kommt, bevor man die Kirche betritt», sagt Franziska Schneider. Das Konzept übernahm sie für die Hofgestaltung. Und die Fassade sei halt immer das Letzte, was noch geplant werde. «Wir drehen gerne noch eine Runde, um eine Fassade zu entwerfen, die auch Pfarrer Sieber gefallen hätte», sagt sie. Für sein Werk zu bauen, sei schon speziell. «Ich weiss, wie wichtig sein Einsatz für Zürich war.» Frühestens bezugsbereit ist die Überbauung 2022.